Du hast ja NUR ein Kind

Wie würdest du reagieren, wenn jemand deine Intelligenz an der Anzahl deiner Kinder festmacht?

Ich für meinen Teil habe mich mal ernsthaft mit diesem Thema auseinandergesetzt: Haben Eltern mit nur einem Kind wirklich weniger Ahnung als Eltern mit mehreren Kindern?

Du hast ja NUR ein Kind

Auf meinen Beitrag „Es geht auch ohne Schnuller“ gab es viele Kommentare. Viele Mütter berichteten, wie sie dieses Thema angegangen sind und ich war eifrig am Lesen und Antworten.

Und dann lese ich diesen einen Kommentar, in dem mir vorgeworfen wird, ich hätte ja NUR ein Kind und würde mich hier als Expertin darstellen, ich solle erst mal vier Kinder bekommen, DANN könne ich Ratschläge geben…

Unabhängig davon, ob das jetzt ein Troll war oder nicht, war ich beleidigt und wollte pissig zurück kontern. Dann ließ ich Zeit verstreichen, dachte nach und antwortete, als ich wieder ruhiger war.

Ich dachte, damit sei das Thema für mich gegessen, aber diese Aussage nagte weiter an mir. Ich hab ja NUR ein Kind und gar keine Ahnung, wovon ich hier überhaupt schreibe. Stimmt das denn?

Wovon ich wirklich keine Ahnung habe

Sicher: Ich habe nicht die Erfahrungen, die Eltern mit 2, 3, 4 oder noch mehr Kindern gesammelt haben.

Ich weiß nicht, wie das ist, wenn eine Mutter ihr Kleinkind stillt, während sie in den Wehen liegt. Kenne die Entthronung nur von Eltern mit Geschwisterkindern. Ich hab auch keine Ahnung, wie müde eine Mehrfachmutter ist. Gott bewahre, ich weiß nicht mal, wie eine alleinerziehende Mutter das Ganze wuppt, während ich manchmal mit NUR einem Kind komplett überfordert bin, obwohl ich meinen Mann an meiner Seite habe.

Das Leben mit mehreren Kindern soll angeblich toll und bereichernd und erfüllend sein. Die Mutterliebe würde mit jedem weiteren Kind konstant mitwachsen. Die Geschwisterliebe würde einen dahin schmelzen lassen.

Kind küsst Baby

Das alles kann ich mir nur vorstellen, wissen aber nicht, denn ich hab ja nur… genau… nur ein Kind.

Wie ich vor meinem Kind lebte

Und dennoch ist es eine Beleidigung, zu behaupten, ich hätte mit nur einem Kind keine Ahnung, denn das stimmt einfach nicht.

In den mittlerweile 2,5 Jahren, die mein Sohn jetzt schon hier ist, habe ich mehr gelernt als in den vergangenen Jahren meines Lebens ohne ihn. Traurig? Aber wahr.

Als es meinen Sohn noch nicht gab, hab ich einfach so vor mich hin gelebt. Hatte keine Lust, mich mit Freund*innen zu treffen, hockte Stunden vor dem Computer und zockte. Ich hätte das am Liebsten den ganzen Tag gemacht, aber da musste ja auch noch Geld verdient werden.



Weil ich nicht wusste, was ich nach dem Abi mit mir anfangen soll, machte ich es mir einfach und wurde das, was meine Mutter beruflich machte. Ich wollte für Anwälte und Notare arbeiten. Also wurde ich 3 Jahre lang ausgebildet und dann übernommen. Ganz klassisch. Und null erfüllend.

Die Schüchternheit überwand ich mit der Zeit, wurde selbstbewusster. Ich meckerte über die Dummheit unserer Mandant*innen und motzte jeden Abend meinem Freund die Ohren voll, wie bescheuert doch alle sind, wie doof die Arbeit, und überhaupt, dass alles ganz doll schlecht und ungerecht ist.

Frau am Computer

Und dann wurde ich schwanger…

Die Kanzlei, zu der ich mittlerweile gewechselt hatte, war nicht unbedingt familienfreundlich. Ich wusste, mit der Zeit würde auch ich den Anfeindungen der Arbeitgeber*innen ausgesetzt sein. Noch hatte ich gute Karten, doch auch in nur kürzester Zeit kapiert, dass sich das auch ganz schnell ändern kann. Beispielsweise, wenn man auf die Idee kommt, schwanger zu werden.

In der Schwangerschaft ging es mir miserabel. Ich war ständig erschöpft und unendlich müde (was der Grund für eine Erkrankung war, wie meine Ärztin später herausfand).

Auch die Nächte gestalteten sich schwierig. Ich war extrem hellhörig geworden. Jedes kleinste Geräusch störte und nervte mich zu Tode. Ich war dann immer gleich auf 180, erinnere ich mich zurück. Dazu noch diese dummen Erkältungserscheinungen, obwohl ich nicht erkältet war. Und nach solchen Horrornächten wieder munter fröhlich zur Arbeit. Es dauerte Monate bis sich meine Frauenärztin endlich, gnädiger Weise, dazu herabließ, ein Beschäftigungsverbot auszustellen.

Schwangere Arm in Arm mit ihrem Mann

Doch diese Erfahrungen waren wichtig. Ich habe gelernt, dass ich mehr auf mich Acht geben muss. Dass ich kein schlechtes Gewissen haben muss, wenn ich „Nein.“ zu etwas sage. Dass ich mehr darauf vertrauen muss, was mir mein Körper sagt. Ich habe gelernt, wieder mehr auf mich statt auf andere zu hören.

Und dann kam die Geburt…

Endlich war der Tag gekommen! Mein Baby wollte nicht mehr länger im Bauch verweilen. Juhu! Entbindung im Geburtshaus mit warmem Licht und Geburtswanne!

Doch die Geburt meines Sohnes verlief alles andere als gewünscht, sondern eher traumatisch, womit ich immer noch zu kämpfen habe.

Natürlich kann ich mir die Geburt in allen Farben des Lebens ausmalen, aber sie kann auch völlig anders ablaufen. Ich habe gelernt, nicht über mein Leid zu schweigen, sondern drüber zu reden, zu schreiben, und so zu versuchen, es zu verarbeiten. Mir wurde klar, dass ich es nicht mehr ändern kann. Dass ich aufhören muss, mir immer mehr Fragen auszudenken, die mir eh niemand beantworten kann. Ob es nun wirklich notwendig war, meinen Sohn so auf die Welt zu bringen oder nicht, ist nicht mehr wichtig. Ich lernte Akzeptanz.

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Tipps und Ratschläge

Als mein Baby noch seinen Rhythmus finden musste, lernte ich, auf es zu vertrauen.

All die Mythen und Ammenmärchen rund ums Stillen ließen mich zweifeln, doch ich lernte, mich von meinem Baby leiten zu lassen und ging meinen Weg. Auch, wenn er für andere nach Selbstaufgabe und Verwöhnen aussah.

Baby im Arm

Ich schaute mein Baby an. Es konnte mir deutlich klar machen, was ihm gefiel und was nicht. Anfangs war es noch schwer, das herauszufinden, aber mit den Wochen und Monaten war es plötzlich ganz leicht. Ich wusste, warum mein Baby weint.

Weil es alle so machen

Der 1. Geburtstag unseres Sohnes näherte sich. Zeit für die Eingewöhnung in der Kita. Ganz klassisch. Machen ja die anderen auch so. Soll wohl ein paar Tränen geben, aber das gehört wohl dazu, sagen die anderen, die schon Erfahrung haben. Wird schon klappen.

Die 1. Eingewöhnung ging schief. Die 2. nach einem halben Jahr in derselben Kita in einer anderen Gruppe nahm einen besseren Start, scheiterte aber auch. Die Trennungen waren herzzerreißend, es gab keinen respektvollen, einfühlsamen Umgang mit den Kindern (unseren Sohn inbegriffen). Jeden Tag auf dem Weg zur Kita sagte uns unser Sohn im Auto „Nein.“ – er will nicht in die Kita. Wir gaben ihn trotzdem hin. Ich muss ja auch bald wieder arbeiten. Muss halt so sein.

Wir sagten uns immer „Zum Glück ist er nur 3 Stunden da.“. Doch dann merkten wir, dass man so einen Satz nicht über die Kita sagen sollte, in die das eigene Kind geht. Wir besprachen uns. Rechneten. Grübelten. Und beschlossen: Wir kündigen.

Ich musste entscheiden, wo meine Prioritäten liegen. Musste mich fragen: Muss ich wirklich? Oder geht es auch anders? Wie soll unsere Zukunft aussehen?

Mutter und Kind Hand in Hand

Ich trennte mich von Dingen, die mir, uns, nicht gut taten, und entschied mich für meine Familie. Ich habe gelernt, meiner Familie mehr Vertrauen entgegenzubringen. Wieder vermehrt Dinge zu tun, die mir wirklich Spaß machen. Die ich gern mache. Ich fing wieder an, zu leben und fühlte mich von einer tonnenschweren Last befreit.

Reise mit dem kleinen Mann

So. Thema Betreuung ist geklärt. Aber – ach, du Schreck! – das Baby ist kein Baby mehr, sondern schon ein kleiner Mann, der uns gehörig wachrüttelt! Nix mit „Ja, Mama. Mach ich.“. Unser Kind benimmt sich auf einmal total frech und macht nicht, was wir ihm sagen! Was sollen wir nur tun? Wie kriegen wir das in den Griff?

Auch hier gab es viele, tolle Ratschläge von den „alten Hasen“. Hart durchgreifen. Kinder brauchen Grenzen. Das Leben ist kein Ponyhof. Und auch die Erinnerung an meine eigene Kindheit sagte mir, das muss so sein. Hat mir ja nicht geschadet und ich lebe ja auch noch.

Doch in meinem Inneren spürte ich, dass das nicht stimmte.

Mutter schaut Kind auf Augenhöhe an

Ich lernte die „unerzogene“ Haltung kennen und befand mich schon wieder auf einem anderen Weg. Ich hinterfragte, reflektierte und arbeitete daran, dass sich meine Geister der Vergangenheit nicht einmischten und alles kaputt machten.

Ein hartes Stück Arbeit, aber es lohnt sich, sich nicht damit abzufinden, was in der eigenen Kindheit passiert ist. Ich kann mich ändern. Ich muss es nur wollen. Und wenn mir die Alternativen nicht einfallen wollen, suche ich mir Hilfe, belese mich, höre Hörbücher, schaue Videos, nehme an Kursen teil.

Und dann kann ich auch über meine Erfahrungen schreiben und selber Tipps geben. Klar, manches stammt aus eigenen Erfahrungen, manches wurde vorher recherchiert. Ich sauge mir aber nicht irgendeinen Dünnpfiff aus den Fingern, nur, um etwas schreiben zu können!


Wissen Eltern mit mehreren Kindern mehr?

Was ich mit nur einem Kind gelernt habe, ist so viel mehr wert, als all das, was ich zuvor gemacht habe. Wissen Eltern mit mehr als einem Kind dann automatisch mehr?

Wie weiter oben schon beschrieben, denke ich, dass Eltern mit mehreren Kindern völlig andere Erfahrungen gemacht haben, die ich mit nur einem Kind niemals erleben werde. Für mich bedeutet das im Umkehrschluss aber nicht gleich, dass sie mehr wissen als ich. Sie haben lediglich andere Erfahrungen gemacht.

Bloß, weil sie auch schonmal wie ich nur ein Kind hatten, bedeutet es nicht, dass sie die gleichen Erfahrungen gesammelt haben!

Auch Eltern von drölfzig Kindern sind keine Expert*innen in dem Sinne. Sie mögen auf den ersten Blick mehr Erfahrung haben, und man könnte meinen, sie wüssten es besser, aber weiß ich denn, ob sie in ihrer Erziehung achtsam mit ihren Kindern umgehen? Bedürfnisorientiert? Oder autoritär? Stiller Gehorsam muss sein? Oder die Kinder einfach alles machen lassen, was sie wollen?

Eltern mit drei Kindern

Sie mögen wie Erwachsene aussehen, die Ahnung haben, und sich auch so anhören, als hätten sie Ahnung, aber vielleicht sind es nur erwachsene Kinder, die ihre eigenen Traumata aus der Kindheit wieder und wieder leben und an ihre eigenen Kinder weitergeben.

WILL ich denn von solchen Eltern Tipps und Ratschläge bekommen? Die mir raten, mein Baby schreien zu lassen, weil ich es sonst verziehe? Die mir sagen, abzustillen und Kuhmilch zu geben, weil es jetzt mal Zeit dafür wird? Die mich glauben lassen, mein Kind sei böse und ich müsse es erziehen – so ganz klassisch, denn das war schon immer so? Die mir weismachen wollen, sie wüssten es besser, weil sie schon mehrere Kinder haben?

Fazit

Was ich sagen will: Wir sind alle auf dem Weg. Immer. Es gibt kein Ende. Wir lernen IMMER. Wir haben alle unser Päckchen zu tragen. Die einen wollen dieses Päckchen öffnen, reinschauen, was drin ist, und den ganzen Mist, den sie Ewigkeiten mit sich herumgeschleppt haben, in den Müll werfen. Die anderen laufen bis zum Lebensende mit ihrem Päckchen herum, ohne es jemals näher betrachtet zu haben.

Familie bei Sonnenuntergang auf dem Steg

Ja, vielleicht habe ich NUR ein Kind. Aber auch mit NUR einem Kind habe ich eine ganze Menge gelernt und kann/darf/will dieses Wissen auch an andere weitergeben. Und genau so ist es mit all den anderen Eltern. Ob sie nun mehrere Kinder haben oder, wie ich, nur eins.

Dir, liebe/r Leser/in, sollte das immer beim Lesen unserer Beiträge bewusst sein. Wir geben Tipps und Ratschläge und meinen, das sei der richtige Weg. Tatsächlich kannst du das aber nur für dich selbst entscheiden. Niemand kann dir sagen, dass es richtig für dich und dein(e) Kind(er) ist.

Denk immer daran, dass auch wir Blogger*innen selbst noch auf dem Weg sind, und das ein Leben lang. Ich möchte mit meinen Beiträgen oftmals nur sagen: Es geht auch anders. Komm, ich zeig dir, wie das gehen KANN.

Wenn du also meine Artikel liest, dann kannst du am Ende entscheiden, was du damit machst. Ist es tatsächlich alles totaler Bullshit, der in die Tonne gehört? Ist es dir zu wenig? Brauchst du mehr Informationen? Oder klingt es nicht nur gut, sondern fühlt sich auch warm und angenehm bei dir an, sodass du diesen Weg auch gern einschlagen willst?

Habe ich, als Bloggerin und Mutter von NUR einem Kind, wirklich keine Ahnung? Was denkst du?

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13 Gedanken zu „Du hast ja NUR ein Kind“

  1. Liebe Julia,

    Ich erwarte selbst mein erstes Kind und lese voller Neugier regelmäßig deine Artikel. Oft denke ich mir: genau so will ich es auch machen. Manchmal aber auch: das sehe ich vollkommen anders. Ich denke es ist egal ob man ein, zwei, drei oder mehr Kinder hat niemand sollte sich herrausnehmen mehr zu wissen als der andere oder sein Wissen als ultimativ anpreisen. Ungebeten Ratschläge zu erteilen, weil man ja angeblich so viel Erfahrung hat finde ich auch anmaßend. Ich finde deinen Weg gut und richtig du schreibst von DEINEN Erfahrungen. Was man damit schlussendlich macht ist wie du auch so schön geschrieben hast jedem selbst überlassen. Obwohl mein Baby noch unterwegs ist und ich noch keine Erfahrung in der Kindererziehung habe weiß ich jetzt schon das manches einfach zu einem Ohr rein und zum anderen raus gehen wird. Eben zB Kommentare wie du hast ja NUR ein Kind…. 😉

    Antworten
    • Liebe Nicky,
      freut mich, dass du öfter bei mir vorbeischaust und auch mal was für dich mitnehmen konntest <3
      Klar, dass du nicht in allem übereinstimmst. Ich denke, es wäre utopisch, das von meinen Leser*innen zu verlangen, aber ich danke dir, dass du da so offen bist. Du kannst mir gern unter die Artikel schreiben, was du wieso, weshalb, warum anders siehst. Vielleicht hab ich ja auch einen Denkfehler und müsste etwas überdenken. Über Kritik freue ich mich, auch wenn ich noch lernen muss, damit umzugehen. Aber bei Kritik kann ich zumindest noch was lernen 😉
      Viele Grüße
      Julia

      Antworten
  2. Hallo Julia.
    Dir dein Wissen ganz anzusprechen, geht natürlich gar nicht. Natürlich ist das Mutterwerden der größte Entwicklungsschritt, den man machen kann und wenn man dies auch noch bewusst, reflektiert und im Sinne des Kindes lebt, dann ist das unbestreitbar wertvolles Wissen.
    Leider liest es für mich so, dass du Mehrfacheltern unterstellst, mit der Anzahl der Kinder leide die Qualität der Beziehungsgestaltung. Du schreibst vom Schreienlassen und Kuhmilch. Natürlich gibt es solche Familien (wobei die sich wohl eher nicht mit solchen Blogs beschäftigen ).
    Was ich in deinem Beitrag vermisse, sind die achtsamen, bindungsorientierten Vielkindfamilien. Das geht nämlich. Ich lebe das.
    Und ganz ohne dich kränken zu wollen. Das IST was ganz anderes. Manches (vieles), was man beim ersten Kind gelernt hat, funktioniert beim zweiten oder x-ten überhaupt nicht. Entweder weil es die Grenzen und Bedürfnisse der anderen Kinder verletzt oder weil das Kind eben völlig anders tickt. Man lernt noch so unendlich viel dazu, man probiert bei jedem Kind in jeder Phase neu, Versuch und Irrtum, schlaue Bücher, Austausch, Bauchgefühl. Mit jedem Kind neu.
    Wie du selber schreibst, da kannst du nur auf einen Bruchteil des Erfahrungsschatzes zurückgreifen.
    So, wie es in dem verletzenden Kommentar stand, das stimmt natürlich nicht. Der Gedanke dahinter ist mir aber plausibel.

    Man fügt nicht mit jedem Kind ein weiteres zu seiner Herde dazu und macht sein Ding weiter. Manche machen das so, dann treffen auch deine oben geschriebenen Vorurteile (Gehorsam, autoritäre Erziehung, stilles Aushalten )zu aber ich denke, viele leben Familie gern und bewusst.
    Jede Schwangerschaft ist anders, jede Geburt lehrt dich etwas dazu. Und die Kinder sowieso. Einschlafbegleitung mit einem Kind kannst du nicht mit der von dreien vergleichen.
    Stillen nach Bedarf kann ich auch das dritte, jedoch nicht uneingeschränkt wie beim ersten. Wenn das große dringend aufs Klo muss und Hilfe braucht, muss ich mich nun mal als Mama auch damit auseinander setzen, mich nicht zerteilen zu können, einem oder zwei Kindern auch mal Frust zumuten zu müssen, diesen zu sehen, erklären, das Kind zu trösten, Kompromisse finden.
    Und noch etwas wichtiges. Ich muss bei vielen Kindern zwingend auch mich selbst ernster nehmen. Wo man beim ersten auch getrost eigene Bedürfnisse auf später aufschieben kann, so gibt es bei mehreren Kindern oft kein „später“. Um nicht zur Frustmutter zu werden, ist es meine Pflicht, auf meine Ressourcen zu achten, meine Bedürfnisse überhaupt zu erkennen und irgendwie ins turbulente Familienleben zu integrieren. Das wurde mir mit jedem Kind bewusster und schwieriger umzusetzen. Vieles, was mir beim ersten Kind noch unglaublich wichtig war, spielt heute keine Rolle mehr (zb. gehe ich heute völlig anders mit materiellen Sachen um, es hat sich über die Jahre als absolut unwichtig herausgestellt) oder andersrum. Man wirft kurz gesagt auch viel von dem Gelernten über den Haufen.
    Natürlich hast du einen langen, lehrreichen Weg hinter dir und natürlich können andere Eltern profitieren, wenn du das weiter gibst. Aber es sind nun mal die Erfahrungen von NUR einem Kind. Ein kleiner Bruchteil dessen, womit Mehrfachmütter leben.

    Antworten
    • Hallo Stefanie,
      vielen Dank für deinen Kommentar. Er zeigt, dass wir zwei wirklich in ganz verschiedenen Welten leben. Oder dass es tatsächlich etwas anderes ist, wenn man NUR ein Kind oder eben mehrere hat.
      Es ist interessant zu lesen, wie du dich mit der Zeit verändert und (weiter-)entwickelt hast.
      Du hast Recht: Das idyllische Großfamilienbild habe ich weg gelassen, denn das kenne ich nicht. Umso mehr freut es mich, dass du dir die Zeit genommen hast, dein Leben mit mehreren Kindern genauer zu beschreiben und mir einen kurzen Einblick verschafft hast.
      Du hast mir nochmal klar gemacht, dass ich achtsamer mit meinen Familientipps umgehen muss. Als Mutter mit NUR einem Kind ist eben noch alles ganz anders, aber mit dem 2. ändert es sich nochmal komplett. Vielleicht sollte ich bei meinen Tipps darauf aufmerksam machen, dass es nicht unbedingt Tipps für Familien mit mehreren Kindern sind.
      Ich danke dir!
      Julia

      Antworten
  3. Hey, Julia, ich nochmal. Mein Kommentar von heute morgen bezog sich allein auf diesen Artikel, weil ich fand, dass Mehrkindfamilien darin zu schlecht weg gekommen sind. Als ginge AP und Großfamilie nicht zusammen. Nun habe ich eben deine Antwort und den originalen Pöbelkommentar unter dem anderen Artikel gelesen. Von diesem möchte ich mich inhaltlich distanzieren.
    Keines meiner drei Kinder hatte je einen Schnuller, natürlich geht das. Ich hab alle ausschließlich getragen, jedes über zwei Jahre nach Bedarf gestillt, Familienbett-geschlafen (auch wenn die große ein Zimmer hat, so kann sie auf Wunsch jederzeit bei uns übernachten), leben kitafrei. Also es geht. Und ich finde das toll und es erleichtert unser Leben.
    Insofern sind deine Ansichten und Tipps schon auch für größere Familien umsetzbar, wenn auch mit Einschränkungen. Die Einschränkungen kennen und meistern die aber selbst, ich denke nicht, dass du bei deinen Artikeln deshalb etwas ändern und dir anderer Leute Kopf zerbrechen musst.
    Mir ging es darum zu sagen, dass mehr Kinder nicht nur mehr physische Arbeit bedeuten, sondern auch, dass man das Gelernte tatsächlich vervielfacht. Dass man Bedürfnisse von vielen (auch die eigenen) sehen und in Einklang bringen muss. Und auch seinen Perfektionismus wieder ein Stück weit ablegt. So hat mich windelfrei zu sehr gestresst, so verstehe ich andere Mütter, die einen Schnuller einsetzen müssen, weil z.B. das clusternde Baby sonst verhindert, dass das große Kind pünktlich zur Schule kommt, so verstehe ich jede Mama, die einem etwas älteren Stillkind ab und an vom Papa eine Flasche geben lässt, um mal alleine außer Haus gehen zu können oder die das Familienbett aufgeben, weil die Kinder sich ständig gegenseitig wecken. Es ist ein ständiges Abwägen, Ausprobieren und Neulernen. Es ist anstrengend, extrem fordernd und auch erfüllend (mit jedem Kind mehr). Und hat nichts mit Bequemlichkeit, autoritärem Befehlen und dem Einfordern von Gehorsam zu tun. Das hatte mich gestört, darauf bezog ich mich. Nun habe ich den Pöbelkommentar kopfschüttelnd gelesen und verstehe deine Wut. Mir ist es wichtig, mit solchen Leuten nicht über einen Kamm geschoren zu werden. Alles Gute weiterhin.

    Antworten
  4. Hallo Julia,
    Ich habe deinen Artikel mit viel schmunzeln gelesen weil ich mir oft ähnliche Gedanken mache… gut, bis auf das Thema NUR ein Kind. Ich habe drei kleine Monster mit 4, 2 und 7 Monaten. Und auch ich bin noch auf der Reise, habe verdammt viel gelernt und lerne jeden Tag dazu. Schnuller ja oder nein, Trotzanfälle und aktuell ein kleines Milchmonster das es gar nicht einsieht zu essen. Abgeklärt und über den Dingen stehend beim 3.? Fehlanzeige und das ist auch ok so. Du hast es schön geschrieben. Wir sind alle auf unserem Weg nach irgendwo. Jede meistert ihren Alltag egal wie viele Kinder dabei Teil davon sind. Ich habe gelernt, dass mein Gefühl was meine Kinder betrifft eigentlich immer passt und da kann mir Gott weiß wer die besten Ratschläge geben. Es steckt keiner in meiner Haut, genauso wenig wie in deiner. Ich höre oft: „drei Kinder, jetzt reicht es aber, oder?“ Das ist vielleicht mein persönliches Gegenstück zu „NUR eins“ 😀
    Danke dir für diesen toll geschriebenen und so erfrischend, bodenständig ehrlichen Artikel! Lass die Doofen einfach reden.
    Deine Namensvetterin Julia

    Antworten
    • Liebe Julia,
      ich weiß gar nicht, was ich zu deinem Kommentar schreiben soll, weil mir schlicht die passenden Worte fehlen. Dein Kommentar hat mich wirklich sehr berührt und unheimlich bestärkt und motiviert und… ja… einfach glücklich gemacht 🙂
      DANKE dafür! 🙂
      Alles, alles Liebe für dich und deine kleinen (Milch-)Monster xD
      Julia

      Antworten
  5. Hallo! Ich habe drei Kinder und keines hatte einen Schnuller bzw. auch kein Fläschchen. Man muss auf sein Gefühl vertrauen und der Intuition. Auch wenn manche Personen einem etwas einreden wollen, ist es gut seinen Weg zu gehen.
    lg

    Antworten
    • Liebe Eva-Maria,
      Danke für deinen Kommentar 🙂
      Wie läuft es da ab, bei 3 Kindern ohne Schnuller? Gerade die Clusterzeit stelle ich mir schwierig vor. Wie erging es dir da? Bist du alleinerziehend?
      So viele Fragen… 🙂
      Würde mich freuen, wenn du mal ein bisschen erzählst.
      Liebe Grüße
      Julia

      Antworten
  6. Hey
    Ich mag deinen Blog sehr gerne!! Unsere kleine Maus ist 9 Monate alt!! Ich bin immer wieder überrascht wieviele Leute meinen gute Tipps geben zu müssen!! Das Kind mal schreien lassen ist der grausamste Tipp für mich den es gibt!! Wenn mein Kind weint, dann hat es auch was und brauch mich!! Nicht zu vergessen die klugen Ratschläge man soll doch mal abstillen!! Jeder sollte das machen was sein Kind braucht und er/sie für richtig hält! Und ich sehe es wie du!! Es ist egal wieviel Kinder man hat!! Jeder macht andere Erfahrungen! Ich finde du gibst das alles ganz toll wieder und ich finde mich immer ein bisschen wieder in deinem Blog!! Mach weiter so!!

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    • Hallo Jenni,
      vielen, vielen Dank für deine lieben Worte 🙂 Das freut mich riesig!
      Alles Gute dir und deiner kleinen Familie <3
      Julia

      Antworten
  7. Liebe Julia,
    Ich danke dir für diesen erfrischenden Artikel. Seit diesem Jahr bin auch ich Mutter von nur 1 Kind 😉 und damit auf einem unglaublich spannenden, wunderschönen und gleichzeitig sehr anstrengenden Weg.
    Liebe Grüße von Lena

    Antworten
    • Hallo Lena,
      Herzlichen Glückwunsch zu deinem Wunder <3
      Du beschreibst es sehr schön: Das Muttersein ist unglaublich spannend und wunderschön, aber auch anstrengend. Das kann ich 1:1 so unterschreiben 😉
      Wann wird es für dich anstrengend?
      Liebe Grüße
      Julia

      Antworten

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