„Mama, ist das vegan?“ – Wenn Mama Veganerin wird

Seit gut zwei Monaten ernähre ich mich vegan und werde Stück für Stück auch vegan leben. Kaum zu glauben, aber wahr, ich lebe immer noch!

Wie ist das so, wenn Mama sich fortan vegan ernährt und der Rest der Familie eben nicht? Das kann doch nur in einer Katastrophe enden…

„Mama, ist das vegan?“ – Wenn Mama Veganerin wird

Bei manchen ist es eine Drehung um 180 Grad. Von einem Tag auf den anderen werden Menschen vegan, weil sie z.B. Bewusstsein über die alltäglichen Zustände der Massentierhaltung erlangen, wie etwa durch den aktuellsten Film „Dominion (2018)„.

Andere, wie z.B. ich, brauchen für die Umstellung ihrer Gewohnheiten etwas länger. Stück für Stück vegan zu werden, war für mich einfacher. Erst das Frühstück, dann eine Alternative zu Kuhmilch finden, Fleischkonsum reduzieren, vegane Alternativen finden usw.

Unser Oliver und dessen Papa änderten allerdings nichts an ihrer Ernährungs- oder Lebensweise. Anfangs dachte ich, es würde mich zerreißen, es würde zu ewigen Streitereien kommen. Ich hatte auch schon von Paaren gehört, die sich aufgrund dieser Unterschiede getrennt hatten.

Bei uns lief es allerdings relativ friedlich ab. Denkt man ja erstmal nicht. Man denkt eher an militante Missionare mit Eimern voll roter Farbe, bereit, jedem Andersdenkenden diese in Nullkommanichts ins Gesicht zu kippen. Für mich war das aber nichts, und zu meinem Erstaunen brachte mein stilles Vorleben dennoch Veränderung in unsere Familie.

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Die Katze aus dem Sack lassen

Klar, in der eigenen Familie kommt es immer schnell raus, wenn man sich vegan ernährt, immerhin lebt man ja zusammen. Auch bei Verwandten, wenn man zu Kaffee und Kuchen eingeladen ist, fällt es schnell auf, wenn der Teller leer bleibt, weil nichts für einen dabei ist oder wenn man plötzlich mit extra Essen ankommt.

Die Reaktionen waren aber echt unterschiedlich. Von Leuten, die diskutieren und sich in meinen Augen nur rechtfertigen oder den Veganismus in den Dreck ziehen wollten bis hin zu ehrlichem Interesse war alles dabei.

Mein Mann z.B. war total schockiert und hatte Angst, dass ich mich jetzt nicht mehr ausgewogen ernähren werde. Er hatte Angst um meine Gesundheit, Vitamin B12 Mangel, Eisenmangel und was weiß ich nicht noch alles. Als ich ihm klarmachte, dass ich mich darüber informiere und auch regelmäßig beim Arzt meine Werte checken lasse, war er beruhigt.

Auch der Rest der Familie war besorgt. Proteine, Calcium, Vitamine, immer schön dran denken. Einige von ihnen, wie auch einige Freund*innen, fragten sogar nach dem Grund. Bei mir waren es ethische Gründe. Gesundheit und Umwelt waren es nicht, sie sind aber ein netter Nebeneffekt.

Bei unserem Sohn stellte ich das größte Interesse fest. Er fragte nach meinen Gründen, weshalb ich plötzlich keine tierischen Produkte mehr esse. Er hinterfragte das Thema immer öfter, fragte mich beim Einkauf:“ Mama, ist das vegan? Kannst du das essen?“. Oliver ließ von sich auch immer öfter Fleisch oder Kuhmilch weg und verlangte weniger danach. Das lag wohl auch daran, dass ich nur Tierisches einkaufte, wenn ich explizit darum gebeten wurde.



Wie der Alltag sich wandelt

Und schon nach gut einem Monat stellte ich fest, wie gut es tut, meinem Umfeld eben nicht den Veganismus aufzudrängen, sondern einfach alle so machen zu lassen, wie sie es für richtig halten. Es ist einfach entspannt und alles kommt zu seiner Zeit, stelle ich fest.

Mein Mann beispielsweise freut sich jetzt  über die Abwechslung auf unseren Tellern, nimmt auch mal auf Arbeit das vegane Menü und steckt seine Mitarbeiter*innen damit an. Ich merke, dass er es gut findet, dass ich mich über eine ausgewogene Ernährung informiere, schließlich reicht es nicht, sich nur von Salat zu ernähren. Vor Kurzem hat er mit mir zusammen den o.g. Dokumentarfilm gesehen, was ich nie für möglich gehalten hätte. Jetzt ist er auch Veganer.

Er ist da sogar noch akribischer als ich und scannt beim Einkaufen selbst Lebensmittel ab, die für mich auf den 1. Blick vegan erscheinen, es auf den 2. Blick aber leider nicht sind. Ich meine, wer denkt schon, dass mancher Saft NICHT vegan ist?! So lerne ich auch immer wieder dazu.

Kind klopft an Apfel im Supermarkt

Auf Arbeit kommt mein Mann immer öfter mit seinen Kolleg*innen ins Gespräch, sie probieren gemeinsam vegane Restaurants aus (Berlin ist die Hochburg der Veganer*innen – welch ein Glück!), es gibt sogar ein paar, die es auch mal probieren wollen, sich vegan zu ernähren.

Bei Oliver mit seinen drei Jahren habe ich festgestellt, dass er jetzt viel häufiger fragt, was in Lebensmitteln enthalten ist und ob ich das essen kann. Er stellt öfter die Frage „Warum?“, z.B. „Warum isst du kein Fleisch?“ oder er fragt mich, ob Eier für uns Menschen produziert werden. Dadurch muss ich auch selber mehr nachdenken, und dann unterhalten wir uns angeregt darüber. Allgemein stelle ich fest, dass wir uns jetzt erst so richtig darüber informieren, was in den Produkten, die wir kaufen wollen, enthalten ist. Eigentlich erschreckend, dass es uns bisher relativ schnuppe war.

Mir fällt auf, dass er sich auch gern vegan ernähren möchte, die tierischen Produkte im Supermarkt aber manchmal zu verführerisch sind, sodass er nicht immer drauf verzichten möchte. Manchmal lehnt er ein Essen aber auch ab, wenn er weiß, dass da Kuhmilch oder sonstwas für ein tierisches Produkt enthalten ist. Aber ab und zu eben auch nicht und das ist in meinen Augen ok. Die Entscheidung, dauerhaft etwas im eigenen Leben zu verändern, kann nur von innen kommen.

„Jede Veränderung beginnt in uns.“ – Dalai Lama

Selbst von meinen Eltern wurde meine Entscheidung positiv aufgenommen. Klar kamen von meinem Vater erstmal die üblichen Neckereien, aber als er erkannte, dass ich darauf nicht einsteige, war das Thema gegessen. Seitdem treffen wir uns regelmäßig und ich koche für alle vegan.

Meine Mutter – ich bin wirklich dankbar und froh, dass sie da so flexibel ist – macht sich jetzt schon Gedanken ums Weihnachtsessen, damit ich da auch was zu essen habe. Wir informieren uns über veganes Rotkraut, vegane Klöße, sie holt sich Zeitschriften mit vegetarischen und veganen Rezepten, sie kauft Hafermilch und vegane Kekse, damit ich da auch was für mich habe, wenn ich sie besuche. Das ist nicht selbstverständlich, dass andere so mitdenken. Ich zumindest freue mich sehr, dass sie mir entgegen kommt und meinen Weg akzeptiert und sich dafür interessiert, dadurch fühle ich mich sehr willkommen.


Fazit

Ich bin Veganerin, das heißt aber nicht, dass es auch alle um mich herum sofort und auf der Stelle werden müssen. Ich missioniere nicht, ich gehe einfach weiterhin meinen Weg und wer sich dafür interessiert, kann sich mit mir unterhalten oder einfach mitmachen.

Es bringt in meinen Augen rein gar nichts, Menschen zu verurteilen für das, was sie tun oder nicht tun. Auch diese endlos langen Diskussionen zu führen, führt in meinen Augen lediglich zu verhärteten Fronten, jede/r beharrt auf’s eigene Recht und niemand gibt nach – so ist niemandem geholfen, erst recht nicht den Tieren.

Doch einfach so still und leise vor mich hinzuleben, das reicht mir persönlich nicht aus, weshalb ich z.B. Videos auf Facebook teile, zu Veranstaltungen gehe, um gehört zu werden, mir Dokumentationen mit anderen ansehe usw. Mir ist es schon wichtig, dass so viele wie möglich von den Zuständen informiert werden, damit sie sich dann die Frage stellen können, ob es ihnen das wert ist, was sie letztendlich auf dem Teller haben und was innerhalb weniger Minuten in ihrem Mund verschwindet.

Was ich damit sagen will: Es soll jeder und jedem selbst überlassen sein, zu entscheiden, wie sie oder er sich ernähren und leben will, dafür müssen sie aber auch alle Seiten kennen, um diese Entscheidung BEWUSST treffen zu können, immerhin sind auch andere davon betroffen.

„Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.“ – Mahatma Gandhi

Das o.g. Zitat ist so einfach und so wahr. Ich kann niemanden verändern, ob nun gut gemeint oder nicht, ob mit Bitten oder Gewalt. Veränderung passiert stets in einem selbst. Wenn ich möchte, dass sich etwas ändert, dann kann nur ich mich ändern und aus dieser Veränderung heraus entsteht der Wandel, den ich mir wünsche.

Ich bin froh, dass ich diese Erkenntnis erworben habe und dass mein Sohn nicht unter meiner Entscheidung, vegan zu leben, „leiden“ muss, indem ich ihm vorschreibe, was er zu essen hat und was nicht. Ich sage ihm, was er da gerade zu sich nehmen möchte und wenn er es trotzdem haben möchte, dann verbiete ich es nicht, denn ich möchte, dass er das für sich selbst entscheidet.

Ich weiß, der beste Weg zum Wandel bin ich selber und alles andere kommt, wenn es das will. Also gehe ich weiter meinen Weg und wenn jemand kommt und sich dafür interessiert, kann er sich gern zu mir gesellen, aber ich werde niemanden hinter mir herschleifen, weil ich entschieden habe, dass das der beste Weg für alle ist.

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