Die Geburt meines Sohnes

Wie ich mir die Geburt meines Sohnes ganz genau ausgemalt hatte: Im Geburtshaus. Natürlich. In der Wanne. Wie ich mein Baby zum ersten Mal in den Armen halte, es mich mit seinen großen Augen ansieht und ich mich Hals über Kopf verliebe.

Doch der Plan von einer Traumgeburt platzte wie eine Seifenblase. Die Geburt meines Sohnes verkehrte sich nämlich ins komplette Gegenteil…

Die Geburt meines Sohnes

„Frau Braun! Sind Sie wach? Können Sie mich hören? FRAU BRA-HAUN!“

Bevor mich diese nervige Stimme aus der Vollnarkose holt, war ich einfach nur weg. Alles war schwarz. Es gab keinen Traum, keine Angst und keine Tränen mehr. Ich war einfach im Nichts.

Ich sehe alles noch verschwommen, wie durch Milchglas, und stehe total neben mir. Erkennen kann ich nur, dass ich jetzt wieder zurück im Kreißsaal bin und blicke nach rechts, um nach Mathi, meinem Freund, zu sehen. Er ist da. Das beruhigt mich. Er hält etwas in den Armen. Es ist mein Baby, das noch vor wenigen Minuten (?), Stunden(?) in meinem Bauch war.

Als man es mir gibt, kann ich es kaum glauben. Das ist mein Baby? Es kam mir alles so irreal vor. Ich war wie im Jum – total benebelt.

Dann zeigen sie mir den Mutterkuchen, der mich an einen weit verzweigten Baum erinnert. Was sie wohl damit gemacht haben? Hab ich ein Stück davon gegessen? Ehrlich, ich weiß es nicht mehr.

Nach 3 Stunden stille ich das 1. Mal mein Baby. Zumindest steht es so in den Unterlagen. Ich persönlich hatte absolut kein Zeitgefühl. Ich sehe nur in die dunklen Augen meines Babys, das beim Stillen wohlig grunzt. Es ist so schrumplig, schießt es mir durch den Kopf. Er sah wirklich aus wie ein alter Mann.

2980 g, 48 cm. Er war so winzig, dass ich von den Ärzten gefragt wurde, ob ich während der Schwangerschaft geraucht hätte. Das machte mich richtig wütend! Denken die tatsächlich, dass ich so etwas meinem Baby antun würde? Riesen sind mein Mann und ich nun wirklich nicht. Also warum sollte unser Baby es sein? Blass sei er, sagten sie. Ich war beleidigt. In meinen Augen war er wunderschön. Trotz der vielen Falten, der schrumpligen Fingerchen und dem kahlen Köpfchen.

Doch beginnen wir von vorne

Es war der 15.03.2015 und es war bereits spät. Mit meinem fetten Kugelbauch bewegte ich mich gemächlich ins Schlafzimmer und versuchte, im wabbeligen Wasserbett eine annähernd angenehme Position in Seitenlage einzunehmen. Irgendwann döste ich ein.

An richtiges Schlafen war seit der Schwangerschaft nicht mehr zu denken. Unzählige Male wachte ich auf. Meine Nase war, sobald ich mich hinlegte, verstopft wie bei einer fiesen Erkältung.

Geburt - Frau ist nachts wach

Auch diese Nacht wachte ich wie üblich auf, so etwa gegen 02:00 Uhr. Meine Blase drückte. Ich rollte mich vorschriftsmäßig vom Wasserbett herunter und schlich mit leisen Sohlen ins Bad, damit mein Freund nicht wach wurde.

Als ich im Bad war, merkte ich, dass meine Unterwäsche komplett nass war und ich fragte mich, ob ich eingepullert hatte.

Von Schwangeren mit schwacher Beckenbodenmuskulatur hatte ich ja schon zur Genüge gehört. Ich entschied mich dafür (wenn auch etwas spät), mehr für meinen Beckenboden zu trainieren.

Ich machte alles sauber, zog mich um und wollte wieder zurück ins Bett. Da spürte ich plötzlich, wie mir etwas Nasses die Beine hinunter rann. Ich blieb stehen und starrte nach unten. Ich war mir nicht sicher. Hatte ich gerade schon wieder eingepullert? Ich war doch gerade eben auf dem Klo! SO schlecht kann mein Beckenboden jetzt aber nicht sein.

Oder ist es der Blasensprung? Läuft mir hier gerade Fruchtwasser an den Beinen entlang?



Langsam breitete sich ein ungutes bis leicht panisches Gefühl in mir aus. Ich setzte mich nochmal auf die Toilette. Mein Herz wummerte. Ich machte wieder alles sauber, zog mich um, doch es passierte wieder genau das gleiche wie zuvor.

Ich traute mich nicht mehr vom Klo runter und rief meinen Freund. Der aber schlief seelenruhig weiter und hörte mich nicht. Scheiße, verdammt! Warum hört er mich nicht?! Ich rief lauter und verzweifelter nach ihm. Nichts. In meiner Panik fing ich an zu heulen.

Irgendwann hörte er mich dann endlich und kam schlaftrunken zu mir. Als er merkte, was hier los war, gab er mir ruckzuck das Telefon, damit ich die Bereitschaftshebamme anrufen konnte. Ich war total nervös und traute mich anfangs nicht, sie mitten in der Nacht anzurufen (es war inzwischen 02:30 Uhr). Was, wenn das jetzt falscher Alarm ist? Dann hab ich sie ganz umsonst geweckt! Oh Mann, ey. Wenn ich daran zurückdenke, fasse ich mir immer an den Kopf…

Irgendwann war die Angst überwunden. Ich rief die Bereitschaftshebamme an (die übrigens nicht meine eigentliche Hebamme war) und fing auch prompt wieder an zu weinen, als ich meine Lage schilderte.

Sie war wirklich sehr nett und beruhigte mich. Alles kein Grund zur Sorge. Wir sollten jetzt noch versuchen, Kraft zu tanken. Um 09:00 Uhr würden wir uns im Geburtshaus treffen. Oh mein Gott! Es geht los!

An Schlaf war vor lauter Aufregung gar nicht zu denken. Ich versuchte, mich zu entspannen. Ruhte mich aus. Unter tausend Gedanken, die mir durch den Kopf schwirrten, schlief ich dann doch irgendwann ein.

Die Geburt meines Sohnes - Mutter mit Kugelbauch

Wir trafen dann wie verabredet im Geburtshaus Hellersdorf ein und wurden auch gleich von der Leiterin empfangen. Wir wurden in einen wunderschönen, gemütlichen Raum geführt. Dort gab es dann Wehentee, ein beruhigendes Gespräch und sogar eine Akupunktur.

Die Leiterin gab uns Globulis mit einer Liste, wann diese einzunehmen sind, mit auf den Weg und empfahl uns, viel spazieren zu gehen. Wir würden uns dann abends mit der Bereitschaftshebamme treffen und dann weiterschauen.

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Gesagt, getan. Wir liefen draußen im Grünen herum und riefen überall in der Familie an, dass es jetzt endlich so weit sei. Aber irgendwie ging es nicht wirklich los bei mir. Ich hatte keine Probleme beim Gehen, konnte mich unterhalten, musste nichts veratmen. Ich bildete mir zwar immer ein, dass das, was ich fühlte, bereits Wehen waren (schließlich musste es ja jetzt mal langsam losgehen), aber tatsächlich passierte rein gar nichts.

Abends kamen wir mit all unserem Kram zum Geburtshaus. Ich war voller Erwartungen und sah mich schon mein Baby in den Armen halten. Mit Babyschale, Babysachen, Essen, Trinken, Klamotten, Rucksack und und und waren wir ausgestattet und richteten uns in unserem Zimmer ein.

 

Geburt - warmes Licht

Auch hier war die Atmosphäre einfach fantastisch. Ein herrlicher Duft breitete sich im Raum aus, das Licht war angenehm warm, das Zimmer gemütlich eingerichtet. Ich fühlte mich entspannt, aufgehoben, umsorgt, sicher und war guter Dinge.

Der Einlauf

Ein Einlauf. Was ist das überhaupt? Ein dünner Schlauch wird in den Po eingeführt. Durch diesen Schlauch wird Wasser in den Körper geleitet. Wenn ein Druckgefühl entsteht, wird der Schlauch behutsam entfernt. In meinem Fall verließ die Hebamme anschließend den Raum, damit ich noch ein wenig aushielt und rumlief.

Wenn man merkt, jetzt geht es nicht mehr, macht man wie gewohnt auf der Toilette sein Geschäft. Meine Hebamme blieb solange draußen, damit ich ungestört war und meine Privatsphäre hatte und mich nicht schämen brauchte.

Als das geschafft war, untersuchte die Hebamme bei mir, wie weit der Muttermund schon geöffnet war. Und????? Ich war ganz aufgeregt? 1 cm? 2 cm? Ihre Antwort war niederschmetternd: Null. Nichts. Nicht mal ein bisschen. Und noch kein einziges Zipperlein, das zumindest eine Wehe erahnen lassen könnte. Das lief alles überhaupt nicht wie geplant.

Die Hebamme gab uns bis 22:00 Uhr Zeit, dass die Wehen einsetzten und der Muttermund sich etwas geöffnet hatte. Sollte dies nicht der Fall sein, müssten wir ins Krankenhaus. Die Gefahr einer Infektion steigt, wenn der Blasensprung bereits einige Zeit zurückliegt. Langsam wurde es also kritisch.


Eine Geburt im Krankenhaus kam für mich eigentlich überhaupt nicht infrage! Ich hatte mich ja bewusst für ein Geburtshaus und gegen ein Krankenhaus entschieden. Ein Krankenhaus stellte ich mir immer so vor: Steril, grelles Licht, unfreundliches Personal, es stinkt nach Desinfektionsmittel, Kaiserschnitt wird natürlicher Entbindung vorgezogen usw.

Ich wollte mein Baby wirklich absolut nicht im Krankenhaus zur Welt bringen. Ich war hoch motiviert, die Wehen voranzutreiben, um nicht ins Krankenhaus zu müssen. Mein Kind sollte natürlich im Geburtshaus zur Welt kommen. Schließlich hatte meine Schwägerin so davon geschwärmt. Das wünschte ich mir auch für mein Baby und mich.

Wir spazierten also wieder eine gefühlte Ewigkeit draußen in der Dunkelheit umher, unterhielten uns und ich spürte ansatzweise eine Wehe.

Doch der Muttermund hatte sich kein Stück geöffnet. Wir mussten jetzt ins Krankenhaus, um dort wehenfördernde Tabletten zu bekommen und die Geburt voranzutreiben. Die Hebamme empfahl uns das Vivantes Klinikum in Kreuzberg.

Meine Eltern machten sich sofort auf den Weg, um uns dort abzuladen, da ich logischerweise nicht fahren durfte und mein Freund keinen Führerschein hatte.

Die 1. Schicht

Die 1. Schicht entsprach genau meinen Vorstellungen: Die Ärztin, die zu uns kam, war absolut unsympathisch, arrogant und unhöflich!

strenge Ärztin

Wir wussten ja, dass wir Tabletten zur Wehenförderung bekämen, waren also entsprechend vorbereitet. Aber als uns die Ärztin gleich Antibiotika geben wollte – nur für den Fall – stellten wir zunächst einige Fragen, um uns zu informieren.

Da antwortete sie doch tatsächlich mit einer derart pampigen Stimme:“Ich habe jetzt auch keine Lust, das mit Ihnen zu diskutieren!“

Na toll, dachte ich. Da muss ich schon im Krankenhaus entbinden und dann krieg ich gleich zur Begrüßung so eine ungemütliche Wetterhexe an meine Seite. Die Hebamme ging ja noch, war jetzt aber auch nicht mein Favorit. Ich hätte lieber meine Hebamme vom Geburtshaus dabeigehabt, aber die durfte das aus versicherungsrechtlichen Dingen oder was weiß ich nicht.

Zurück zur Ärztin, die jetzt mit dem Chefarzt telefonierte und sich in unserer Gegenwart über uns beschwerte:“Ja, unverantwortlich…!“, sagte sie. Sie stellte es so dar, als wollten wir das Antibiotikum nicht nehmen. Tatsächlich hatten wir aber nur Fragen über Nebenwirkungen etc. gestellt. Wir gehören nunmal nicht zur Sorte Patient, der nichts fragt und zu allem „Ja, immer her damit!“ sagt… Hat ihr wohl nicht gepasst. Ich weiß es nicht.

Nichtsdestotrotz entschied ich mich dafür, das Antibiotikum zu nehmen (was sich später laut Ärzten als richtige Entscheidung erwies). Dennoch war ich geknickt. Durch diesen unfreundlichen Umgang mit uns fühlte ich mich einfach nur unwohl. Dazu kam noch meine Voreingenommenheit von Krankenhäusern. Ich wollte nicht hier sein.

Die wehenfördernden Tabletten bekam ich allerdings nicht sofort. Es musste noch diverser Papierkram unterschrieben werden. Der Chefarzt, der noch nicht da war, sollte mich auch nochmal untersuchen (und dann feststellen, dass mein Muttermund weiterhin 0 cm geöffnet war) und zwischendurch kamen immer wieder Notfälle herein, die natürlich Priorität hatten.

So kam es also, dass die 1. Schicht bereits nach Hause gehen konnte und ich erst von der 2. Schicht die Tabletten zur Wehenförderung bekam.

Die 2. Schicht

Etwas Gutes hatte die ganze Warterei: Die 2. Schicht war ein absoluter Traum! Die junge Hebamme war so freundlich, lieb, hilfsbereit, einfühlsam, liebevoll. Ich fühlte mich bei ihr richtig wohl.

Mit meinem Freund ging ich – es war bereits Morgen – im Park, der vor dem Krankenhaus lag, spazieren. Es war herrliches Wetter, die Sonne schien, die Schwäne schwammen auf dem Wasser, die Vögel zwitscherten. Es kam mir irgendwie irreal vor.

Für wenige Momente musste ich während unseres Spaziergangs immer innehalten, stehenbleiben und atmen. Mein Freund stützte mich dabei so gut er konnte. Und dann ging es wieder und wir konnten unseren Gang fortsetzen.

Zurück im Krankenhaus fand ich es dann angenehm, beim Atmen in die Hocke zu gehen. Niemand gab mir vor, diese Position einzunehmen. Ich empfand sie persönlich einfach als „richtig“. Das gab mir Kraft und Mut. Mein Körper zeigte mir, was er für die Geburt brauchte. Das Vertrauen wuchs: Ich schaffe das!

Geburt - Schwan auf Wasser

Die Stunden zogen dahin. Wir hatten kein bisschen schlafen können und waren hundemüde. Wann es mir mein Körper auch nur immer kurz ermöglichte, versuchte ich zu ruhen. Kraft zu schöpfen.

Ein Bett stand mir zur Verfügung. Es war so schmal, dass es gerade mal für mich reichte. Mathi hingegen musste versuchen, auf dem Besucherstuhl zu schlafen. Zwischendurch quetschten wir uns sogar gemeinsam auf das schmale Bett und versuchten, kurz Kraft zu tanken. Bis ich wieder unsanft geweckt wurde und laut atmen musste.

Im Geburtsvorbereitungskurs hatten wir einmal das Atmen geübt und sollten ausprobieren, welcher Laut uns beim Ausatmen am Angenehmsten war. Im Kurs kam mir das etwas albern vor, aber jetzt war ein tiefes „Aaaaaaaaaaaah!“ genau das Richtige für mich. Davon wurde mein Freund natürlich auch gleich wieder wach. Es zehrte sehr an unseren Kräften. Nebenan schrie sich eine Gebärende die Seele aus dem Leib.

Dann bekamen wir Besuch. Mathis Mutti wollte natürlich sehen, ob mit uns und ihrem zukünftigen Enkelkind alles ok war und uns unterstützen. Ich war wirklich groggy. Immer wieder durchzog es meinen Körper mit einem fiesen Ziehen und ich musste tiiiiiiief ausatmen, um den Schmerz erträglich zu machen.

Mathis Mutter war inzwischen wieder weg. Allmählich merkte ich, wie mich die immer wiederkehrenden Schmerzen an den Rand der Erschöpfung trieben. Mathi versuchte, mir zu helfen. Er sagte immer zu mir, ich solle atmen. Hilfreich fand ich das in dem Moment nicht. Es machte mich eher wütend. Ich bat ihn so freundlich, wie es mir nur möglich war, damit aufzuhören.

Aufgrund der voranschreitenden Zeit kam immer mal wieder eine Hebamme oder ein Arzt herein, um mir eine PDA anzubieten. „Auf keinen Fall!“, dachte ich. Ich würde mich wie eine Versagerin fühlen, wenn ich jetzt schon ein Schmerzmittel bräuchte! Doch der Wunsch danach kam immer wieder, mit jeder Wehe, und ich biss mir auf die Lippen, um nicht zu sagen:“Okay, verdammt, gebt mir eine PDA!“.

Zwischendurch wurde auch immer wieder mein Muttermund kontrolliert, da ich schon ziemlich laut ausatmen musste. Die Hebamme kam herein und sagte:“Na das hört sich doch schon sehr gut an.“.

Doch bei der Untersuchung stellte sich heraus, dass der Muttermund keinen einzigen verdammten Zentimeter geöffnet war! Ich wurde verrückt! Und wütend! Ich hätte am liebsten geheult und geschrien und irgendetwas an die Wand geschmissen! Warum ertrage ich hier schon stundenlang diese Scheißschmerzen, ohne dass hier auch nur im Entferntesten was passiert?! Ich war echt auf 180! Aber da kam schon die nächste Wehe…

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PDA

Stundenlang kamen Wehen. Und ich ertrug sie. Ich hatte mir meine angenehmste Position gesucht: Kniend, die Arme auf dem Bett abgelegt, den Kopf darauf liegend, wobei Mathi unentwegt meinen Rücken streichelte. Ich war in dieser Zeit wie in Trance und bekam rein gar nichts von dem, was um mich herum geschah, mit. Ich machte einfach nur noch die Wehen mit, atmete laut mit „Aaaaaaaaaah!“.

Viele motivieren sich dann immer: Mit jeder Wehe kommen sie ihrem Baby ein Stückchen näher. Sie wandeln den Schmerz in etwas Positives um.

Nur bei mir klappte das irgendwie nicht. Ich spürte kein Vorankommen. Es ging mir einfach nur beschissen. Statt Kraft aus meinen Wehen zu schöpfen, merkte ich nur, wie mir mit jeder einzelnen von ihnen meine Kraft geraubt wurde. Unter all dem Schmerz fand ich kein bisschen Hoffnung. Ich war völlig neben der Spur.

Ich war ausgelaugt. Erschöpft. Hoffnungslos. Unendlich müde. Benommen. Komplett plemplem. Und dann hörte ich mich inmitten all diesen Wusts ganz kleinlaut sagen:“Ich glaube, ich nehme jetzt doch eine PDA.“

Weißt du, wie ich mich nach diesem Satz fühlte? Du magst es kaum glauben, aber es ging mir NOCH beschissener als vorher. Ich war maßlos von mir enttäuscht. Ich fühlte mich wie eine Versagerin. ICH war es, die auf keinen Fall Medikamente nehmen wollte. Die eine PDA für total überflüssig gehalten hatte. Was war mit natürlicher Geburt im Geburtshaus geworden?

All diese Vorstellungen waren nicht mehr wichtig für mich. Sie verloren mit der Zeit an Bedeutung. Bis sie mir völlig egal waren. Ich wollte nur noch, dass es weitergeht und irgendwann zu Ende ist. Ich konnte nicht mehr. Ich wollte auch irgendwo nicht mehr, glaube ich.

Kopf in den Händen

Ohne großes Gewese wurde alles Notwendige arrangiert, Papiere unterzeichnet usw. Ich war totmüde, erschöpft, total k.o. und wollte nur noch schlafen. Wie die Ärztin aussah, die mir die PDA verpasste, weiß ich gar nicht mehr. Das einzige, was mir von ihr in Erinnerung geblieben ist, ist ihre verdammt nervige Stimme.

Mittlerweile saß ich auf dem Bett, um mich etwas zu erholen. Dann kam sie herein, sagte, ich solle mich jetzt mal aufrichten und ganz weit nach vorn beugen, damit sie die Nadel setzen können. Stattdessen war ich wohl kurz eingenickt.

Als sie merkte, dass ich keine Anstalten machte, ihrer Bitte Folge zu leisten, kam ein pampiges „Frau Braun, Sie müssen jetzt auch mal mitmachen!“

Ich dachte, ich bin im falschen Film. „Ich müsse jetzt auch mal mitmachen?!“ Hallo? Geht’s noch? Ich fühlte mich ehrlich gesagt verarscht! Am liebsten hätte ich ihr was an den Kopf geknallt. Doch statt meine letzte Energie dafür zu verschwenden, sie anzuschreien, richtete ich mich mühsam auf.

Immer wieder kam eine Wehe und ich sollte Bescheid geben, wenn eine vorbei war. Sollte ganz still sitzen, mich keinen Deut bewegen, den Kopf ganz weit nach vorn beugen. Es war eine echt unangenehme Position. Vor allem mit dem Kugelbauch.

Ich hatte das Gefühl, dass gar keine Pause mehr zwischen den Wehen war. Die Ärztin wollte das nicht glauben, als ich immer wieder kurz angebunden (ich musste ja atmen) „WEHE!“ keuchte. Also wurde ich an den Wehenschreiber angestöpselt, nur damit sie sehen konnte, dass da wirklich Wehen kamen… Ich sagte dann nichts mehr. Atmete, so gut es eben nach vorn gerichtet ging und ließ sie machen. Irgendwann hatte sie den Moment abgepasst und mir die Nadel gesetzt.

Als die PDA wirkte, ging es mir schlagartig besser. Ich konnte wieder klar denken, mich mit Mathi unterhalten, meine Umgebung wieder wahrnehmen; auch dem Arzt fiel mein besserer Gemütszustand auf.

Auch beim Muttermund hatte sich inzwischen etwas getan: 3 cm! Na immerhin!

Von mir aus können wir jetzt loslegen, dachte ich. Die Wehen, die jetzt kamen, waren ein Klacks im Vergleich zu denen davor.

Die 3. Schicht – Notkaiserschnitt

Um ehrlich zu sein, weiß ich gar nicht mehr, wann die 2. Schicht ging und die 3. kam. Ich war wie gesagt einfach nur durch. Ich glaube, es war so um die Entscheidung mit der PDA herum.

Zumindest hatten wir auch mit der letzten Schicht Glück gehabt. Die Hebamme war sehr nett zu uns und gab sich die größte Mühe, es uns so angenehm wie möglich zu machen. Auch wenn mir ihre Methode mit dem „Äpfel schütteln“ extrem auf die Nerven ging, wusste ich doch ihre Mühe zu schätzen.

Wir waren also gerade beim „Äpfel schütteln“, da fing das Kontrollgerät mit einem Mal zu piepen an. Sofort betrat der Arzt das Zimmer. Er erklärte, das Kontrollgerät piept, weil die Herztöne des Babys aus irgendeinem unbekannten Grund runtergehen.

So behutsam wie möglich versuchte der Arzt uns zu verstehen zu geben, dass, wenn die Herztöne jetzt weiterhin so schlecht sind, unser Baby per Kaiserschnitt geholt werden müsse, eventuell sogar per Notkaiserschnitt unter Vollnarkose. Es würde dann alles ganz schnell gehen müssen, sollte es dazu kommen.

Was war nur los mit unserem kleinen Würmchen? Wir machten uns unendlich Sorgen! Wir konnten nichts machen. Einfach weiter auf das Gerät starren, bangen und hoffen.

Und es kam, wie es kommen musste. Ich hatte nach diesen Stunden gar nichts anderes mehr erwartet, ehrlich gesagt. Es ging ja bereits alles schief, was bisher geplant war. Warum sollten also die Herztöne unseres Babys wieder hochgehen?

Klar hatten wir uns mit dem Gedanken an einen Kaiserschnitt „angefreundet“. Es war jetzt nicht das Tollste, was ich mir vorstellen konnte, aber es war ok für mich, redete ich mir ein.

Aber als der Arzt dann mitteilte, dass sie unser Baby jetzt wirklich holen würden, zerbrach mein letztes Stückchen Hoffnung. Es hieß nicht mehr Kaiserschnitt; jetzt war die Rede von einem NOTkaiserschnitt. Aus dem einfachen Grund, dass sie nicht wussten, warum bei jeder Wehe die Herztöne des Kleinen runtergehen würden.

Notkaiserschnitt. Das bedeutete für meinen Freund, dass er nicht dabei sein durfte. Er würde meine Hand nicht halten können. Mir keinen Mut zusprechen können. Er würde die Geburt seines Sohnes komplett verpassen und hinter verschlossenen Türen abwarten müssen. Diese Ungewissheit, ob es meiner Freundin und meinem Baby gut geht, stellte ich mir grausam vor.

Person wartet hinter Milchglas

Und für mich bedeutete der Notkaiserschnitt Vollnarkose. Ich würde die Geburt meines Sohnes nicht miterleben. Sein erstes Geräusch beispielsweise. Oder seinen ersten Blick, wenn er die Augen öffnet. Seinen ersten Geruch. All das würde ich verpassen.

Stattdessen würde ich wie ein Schwein aufgeschnippelt und mein Baby mit stinkenden Gummihandschuhen aus mir herausgenommen werden. Ich würde es nicht halten können, also würden sie es mir auch nicht sofort auf den Bauch oder die Brust legen. Es würde in ein totes Stück Stoff gewickelt werden. Es würde meinen Geruch nicht wahrnehmen und meine Wärme nicht spüren können.

Wie soll es sich denn sicher, wohl und geborgen fühlen, wenn all das mit ihm gemacht wird?

Im ersten Moment noch wohlig warm, im nächsten kalt und grell und laut. Es würde vor lauter Panik gar nicht weiter wissen, weinen, schreien, zu mir wollen, aber ich wäre nicht da.

Und dann kamen ja noch die ganzen Informationen dazu, die ich im Laufe der Schwangerschaft so gelesen hatte. Mein Körper würde später denken, mein Baby sei tot, weil ich nicht aktiv bei der Geburt dabei gewesen sei. Ich würde mein Kind nicht lieben können wie eine Mutter, die ihr Kind auf natürliche Weise auf die Welt gebracht hat. Es würden Stillprobleme kommen. Wahrscheinlich würde ich gar nicht stillen können.

All dieser Wust an Informationen und Gefühlen schoss durch meinen Kopf. Ich hatte keine Wahlmöglichkeit. Es würde so passieren, es gab keine Alternative. Das, was mir da vorgesetzt wurde, musste ich jetzt nur noch in den Kopf kriegen.

Ja und dann kam, was eigentlich schon längst überfällig war: Wir fingen furchtbar an zu weinen. Ich konnte nicht mehr aufhören. Ich wollte nicht aufhören. Hoffte irgendwie noch auf ein Wunder, aber es kam keins. Wir hatten es uns so ganz anders vorgestellt. Und nun traf genau das ein, was wir am wenigsten wollten. Mehr machen, als zu weinen, kann man da nicht.

Und so willigten wir ein, der Arzt trommelte alle notwendigen Leute zusammen. Er bereitete uns darauf vor, dass jetzt alles ganz schnell gehen würde.

Währenddessen starrten wir gemeinsam mit der Hebamme auf die Herztöne des Babys, auf dass sie sich wieder besserten. Und tatsächlich: Sie gingen wieder hoch! Die Hebamme sprang aus dem Zimmer, um den Arzt zu informieren! Jetzt wird alles gut, dachte ich! Ich kann doch „normal“ entbinden!

Aber für den Arzt, der bereits alle um sich geschart hatte, war die Zeit zu lang fortgeschritten. Es ging los.

Ich wurde von Leuten, die ich nicht kannte, auf meinem Bett in den OP gerollt. Der Abschied von Mathi tat mir unendlich weh und ich fing wieder zu heulen an. Ich wollte ihn bei mir haben, aber das ging nicht.

Im Nu wurde ich auf einen anderen Tisch gehievt und bekam eine Maske auf, damit ich narkotisiert werden konnte. Ich zählte. Atmete. Versuchte, wach zu bleiben. Aber dann war alles Schwarz. Den Rest, wie ich aufwachte und das winzige Schrumpelfüßchen erblickte, kennst du.

Die Kaiserschnittnarbe

Die Narbe war echt gut gemacht, das musste ich den Chirurgen lassen. Sie tat zwar einige Monate etwas weh und ziepte, aber ich hatte schon Schlimmeres von anderen Müttern mit Kaiserschnitt gehört. Meine Narbe war weder wulstig noch besonders auffällig, und sie riss auch nie auf. Gott bewahre, wenn ich daran denke, dass noch so etwas hätte passieren können!

Aber jedes Mal, wenn ich über meinen Bauch strich, der jetzt gar nicht mehr schön prall und kugelrund war, sondern nur noch schwabbelig, und mich furchtbar erschreckte und manchmal sogar anwiderte, fühlte ich nichts. Rein gar nichts. Durch den Kaiserschnitt wurden zig Nerven durchtrennt.

Manchmal, wenn Mathi meinen Bauch streichelte, fühlte es sich an wie ein verdammt schlimmer Sonnenbrand. Es war mir unangenehm, wenn er oder ich über meinen Bauch fuhr. Es gab Zeiten, in denen ich es nicht einmal mehr zuließ, dass über meinen Bauch gefahren wurde. Es kam mir vor, als würde dieser Teil meines Bauchs nicht mehr zu mir gehören, denn ich spürte ja nichts mehr. Ich bangte, dass ich dort nie wieder etwas fühlen könnte.

Und tatsächlich sollte es über ein Jahr dauern, bis ich wieder etwas fühlen konnte und es für mich auch wieder normal war, über meinen Bauch zu streichen.

Wochenbett

Wir beschlossen kurzerhand, nach der Geburt im Krankenhaus zu bleiben und uns ein Zimmer zu nehmen. Mathi sagte auf Arbeit Bescheid und verbrachte die Tage gemeinsam mit unserem Baby und mir. Wir machten es uns so richtig gemütlich und gingen kaum aus unserem Nest raus.

Geburt - Papa und Baby

Unser Zimmer lag ganz am Ende des Flurs. Keiner störte uns. Nur die Essensfrau und ab und zu mal eine Hebamme kamen in unsere gemütliche Höhle herein, um sich um uns zu kümmern. Der Kleine schlief die ganze Zeit über, und wenn er mal nicht schlief, dann trank er, als gäbe es kein Morgen mehr. Das war einige Tage bis wenige Wochen ziemlich unangenehm. Es fühlte sich bei jedem Stillen so an, als würde sich etwas in mir immer zusammenziehen – die Gebärmutter bildete sich zurück.

Dass ich mein Baby nicht mehr hergeben wollte, kennt wohl jede Mutter. Wenn es Nacht wurde, ließ ich es in meinen Armen schlafen. Wenn es Durst hatte, war ich sofort da und konnte es stillen.

Die Hebammen sagten uns, wir dürften das bloß nicht die Ärzte wissen lassen, aber das war uns sowas von egal, was die uns sagen würden. Wenigstens, was dieses Thema anging, konnten wir selbst entscheiden. Und das ließen wir uns nicht nehmen.

Und anders wäre es auch gar nicht möglich gewesen, wenn man überlegt, dass ich so schwach war, dass ich mein Baby gar nicht halten konnte! Jedes Mal, wenn der kleine Nimmersatt von der Brust abging und nicht mehr von allein rankam, musste Mathi aufstehen, ihn hochnehmen und ihn so anlegen, dass er wieder trinken konnte. Ich war unheimlich froh, ihn an meiner Seite zu haben. Ich weiß nicht, was ich allein in diesem Zimmer gemacht hätte. Wahrscheinlich ständig die Hebammen herbeigeklingelt.

So vergingen die Tage im Krankenhaus. Es kam auch Besuch (an den ich mich kaum noch erinnere, ich war noch ziemlich neben der Spur) und alle bewunderten den süßen Spatz, der wie ein alter Mann aussah.

Sogar die alte Wetterhexe bekamen wir ein zweites Mal zu Gesicht. Sie war genau so unsympathisch wie beim ersten Kennenlernen.

Auch der Chirurg, der den Kaiserschnitt gemacht hatte, stellte sich bei uns in aller Ruhe vor und erklärte uns ausführlich, woran es nun gelegen hatte, dass die Herztöne des Kleinen bei jeder Wehe runtergingen: Es lag an der Nabelschnur, die um seinen Hals gewickelt war. Mit jeder Wehe wurde er nach unten gedrückt und die Nabelschnur schnürte seinen Hals zu, sodass er kaum Sauerstoff bekam.

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Ab nach Hause

So vergingen die Tage und nach und nach konnte ich mich besser aufrichten. Den Bauch durfte ich auf keinen Fall anspannen wegen der Narbe. Vorsichtig begann ich, ein paar Schritte zu gehen. Erst vom Bett runter, dann zum Bad, dann ins Bad, dann in die Dusche (da brauchte ich noch Hilfe), dann zur Untersuchung den Gang hinunter. Es ging voran und gegen Ende der Woche wurden wir von meinen Großeltern nach Hause gefahren.

Zu Hause war alles nochmal ganz neu für uns. Im Wasserbett durfte unser Baby ja nicht schlafen, aus Sicherheitsgründen. Aber ich durfte das Bett ja erst mal nicht verlassen. Wenn der Kleine in seinem Korb auf Rädern schlief, versuchte ich auch zu schlafen. Mathi brachte ihn mir dann, wenn er hungrig war. Aber so ganz ideal fand ich das nicht. Er wollte in meinen Armen sein und wachte sofort auf, wenn wir versuchten, ihn ins Bett zu legen.

Diese Zeit war hart. Doch sie besserte sich, als Mathi für 2 Wochen wegen seiner Arbeit nach Saarbrücken reisen musste. Ich war zwar super aufgeregt, weil ich mich dann ganz allein um den Kleinen kümmern musste – neben Haushalt, Essen machen usw. – aber zumindest die Nächte wurden ruhiger, weil ich ihn bei mir schlafen ließ, obwohl Mathi meinte, ich solle ihn in sein Bettchen legen, wenn er eingeschlafen sei. Aber das Risiko, dass er wieder aufwachte, wollte ich nicht eingehen. Also verbrachten wir die Zeit zu zweit entweder im Schaukelstuhl oder auf der Couch, auf die ich gezogen war, damit er bei mir schlafen konnte.

Geburt - Baby schläft

Und irgendwann hatten wir uns aneinander gewöhnt und langsam und allmählich den Bogen raus. Doch es war nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen, wie einem immer vorgegaukelt wird.

Noch heute gibt es Momente, in denen ich an meiner echten Mutterliebe zu meinem Sohn zweifle. Ich höre dann immer von allen, dass das, was in den Büchern stand, völliger Quatsch ist. Dass das nicht wahr ist und sie hätten nie eine liebevollere und geduldigere Mutter erlebt und dass ich das toll mache und dass wir das schaffen würden. Aber gegen dieses komische Gefühl komme ich nicht an, egal, was andere sagen.

Ich fühle mich, wenn ich zurück denke, immer noch als Versagerin! Ich bin wütend auf mich, dass ich es nicht allein geschafft habe und wahnsinnig enttäuscht von mir. Ich male mir aus, wie es unser Sohn unter anderen Umständen – ohne Krankenhaus, ohne PDA, ohne Kaiserschnitt und Ärzte usw. – vielleicht nicht geschafft hätte, lebend auf die Welt zu kommen.

Es gibt Zeiten, in denen mich mein Kind wütend macht, in denen ich nicht mehr kann, in denen ich müde und erschöpft bin, in denen ich für mich sein will. Und dann kommt wieder die Frage „Würde eine „richtige“ Mutter auch so etwas denken?“.

Sogar nach mehr als einem Jahr nach der Geburt meines Sohnes kommen mir die Tränen, wenn ich mir dieses Ereignis in Erinnerung rufe. Selbst, als ich diesen Bericht geschrieben habe, musste ich an einigen Passagen halten und erst mal in Ruhe weinen. Es gibt noch viel zu verarbeiten.

Und nicht nur ich muss verarbeiten. Auch Mathi. Auch er muss weinen, wenn wir aus irgendeinem Grund wieder von der Geburt sprechen. Alle sagen, wir müssen darüber reden, reden, reden, sprechen, sprechen, sprechen, um das Trauma zu verarbeiten. Aber jeder macht das auf seine Weise. Ich für meinen Teil bin wieder einen Schritt gegangen, indem ich nochmal alles Revue passieren ließ. Und es war gut, auch wenn es weh tat.

Was ich gelernt habe

Was hat mich dieses doch ziemlich traumatische Ereignis gelehrt? Vor allem etwas, das ich zwar schon kannte, aber nicht auf die Geburt meines Sohnes anwenden wollte: Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt! Man kann nichts planen und vor allem nicht die Geburt. Das wurde mir hiernach eindeutig klar.

Die Ärzte meinten, ich könne trotz Kaiserschnitt die nächsten Kinder auf natürliche Weise gebären, da mein Körper eigentlich „weiß“, wie es geht. Nur bei dieser Geburt hat es nunmal leider nicht geklappt.

Für die nächsten Kinder – sollten wir diesen Schritt jemals wagen – werde ich mir nicht so viele Gedanken machen. Ich werde so lässig wie es geht an die Sache rangehen und hoffentlich im Geburtshaus gebären können.

Und wenn es auch bei den zukünftigen Geburten nicht der Fall sein sollte, dann ist das halt so. Ich werde meine Kinder trotzdem lieben können, auch wenn ich manchmal von Zweifeln überhäuft werde.

Zum Schluss möchte ich dir dafür danken, dass du dir diesen Brocken durchgelesen und mir zugehört hast.

Wenn auch du über deine Geburt – sei es wie eine aus dem Bilderbuch oder aus einer Horrorgeschichte – reden willst, dann schreib mir. Ich höre dir gern zu.

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14 Gedanken zu „Die Geburt meines Sohnes“

  1. Da habt ihr ja wirklich ein ganzes Abenteuer hinter euch. Ich hatte zugegebener Maßen versucht, möglichst wenig zu planen und hatte wenig Ansprüche. Der Kreißsaal im Krankenhaus war eigentlich auch ganz nett, schade war nur, dass die Hebamme irgendwie 3 Geburten parallel betreut hat und ich sie zwischendrin gut hätte gebrauchen können. So fühlten wir uns oft ein wenig allein gelassen mit dieser ungewohnten Situation.

    Doch nun erstmal das wichtigste: DU HAST NICHT VERSAGT! Nicht im Mindesten! Es ist kein Zeichen von Schwäche, sich in dieser Ausnahmesituation Hilfe zu holen, auch in Form von Medikamenten. Mein Mann glaubt – und manchmal stimme ich ihm zu – wenn ich eine PDA gehabt hätte, wäre es mit der Geburt vielleicht runder gelaufen. Ich habe immer ziemliche Angst vor Schmerzen und irgendwie scheint das unterbewusst dazu geführt zu haben, dass die Wehen nie ausreichten, um unsere Kleine dann auch wirklich „raus zu bringen“. Auch bei uns fielen die Herztöne ab und alles wurde ganz hektisch, als dann die Saugglocke geholt wurde, um die Geburt endlich zu beenden. Ich hatte da ähnliche Gefühle von „Versagen“, weil ich es ja eigentlich nicht allein geschafft habe.

    Wären unsere Kinder zu einer anderen Zeit oder in einem anderen Land geboren worden, hätten sie es womöglich nicht überlebt. Vielleicht hätten auch wir das so nicht überlebt. Daher bin ich einfach dankbar, dass die Medizin hier bei uns soweit ist, eine solche Situation trotzdem zu retten.

    Übrigens: Ich hatte unsere Kleine direkt nach der Entbindung zwar auf dem Bauch, musste sie aber auch wieder abgeben, weil die Nachgeburt leider auch kein Zuckerschlecken war und ich echt Angst hatte, ihr weh zu tun. (Bei der Nachgeburt war nicht alles rausgekommen, weswegen ausgeschabt werden musste.)

    Und noch eine Ergänzung: Auch die Selbstzweifel im Wochenbett kenne ich gut. Manchmal habe ich einfach nur dagesessen und mit der Kleinen auf dem Arm geheult, weil ich sie einfach nicht beruhigen konnte. Da war ich froh, wenn mein Mann sie mir dann abgenommen hat. Manchmal frustriert mich das auch heute noch, auch wenn ich nicht mehr gleich in Tränen ausbreche. ^^‘

    Ich wünsche dir für die Zukunft alles Gute und hoffe, es hat dir geholfen, über eure Geburt zu berichten. Mir ging es vor einigen Wochen (fühlt sich an wie eine Ewigkeit) zumindest so. 🙂

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    • Vielen Dank für deinen lieben Kommentar. Das hat mich ungemein gestärkt und mir Mut gegeben.
      Bei mir war keine Nachgeburt mehr… glaube ich. Es hatte noch ein wenig geziept, aber durch den Kaiserschnitt wurde alles ausgeschabt. Das blieb mir dann erspart. Hört sich aber auch nicht gerade angenehm an, so eine Nachgeburt… Ich erinnere mich noch wage daran, dass sie uns die Plazenta gezeigt haben. Aber ich war noch so benebelt, dass es mir in der Erinnerung wie ein Traum vorkommt. Ich erinnere mich an ein Muster wie ein Baum mit weit verzweigten Ästen… Hast du auch deine Plazenta gesehen? Einige essen sie ja sogar bzw. ein Stück davon oder machen Globulis draus 🙂 Was es nicht alles gibt…
      Und ja, das vielen Weinen… ich habe anfangs bei jeder Kleinigkeit geheult. Was denkst du, was ich geheult habe, als mein Mann ein paar Wochen nach Saarbrücken reisen musste und ich ganz allein mit dem Kleinen war… Aber das lag an den Hormonen. Auch in der Schwangerschaft hab ich geheult und war ganz sensibel. Jetzt hat man sich aufeinander eingestellt und es geht seinen Gang 🙂
      Ich wünsche auch euch ein wundervolle Zeit mit eurer kleinen Familie 🙂

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  2. Hallo 🙂

    Was ich gleich mal loswerden muss:
    Du bist KEINE Versagerin!!!
    Du bist eine tolle, junge Frau, die etwas auf eine Art und Weise erlebt hat und erfahren musste, die man niemandem wünscht. Aber….du hast es gemeistert. Ihr beide, du und dein Liebster, ihr habt etwas geschafft, was viele nicht hinbekommen: ihr seid eine Einheit. Ein großes Ganzes. Eine Seele in zwei Körpern. Anders kann man dieses einschneidende Erlebnis nicht beschreiben.
    Und dieser kleine Knirps, der jegliche Planung über den Haufen geworfen hat, ist das schönste Geschenk, das größte Wunder, was zwei sich liebende Menschen erhalten können. ♡

    Ich für meinen Teil hatte eine echt furchtbare Schwangerschaft. Nicht nur, dass ich sie ohne Partner durchstehen musste, mir war die ersten 2 Monate von 24h/Tag schlecht und ich wünschte mir, mich einmal so richtig auszukotzen, damit es aufhört.
    Der Tag kam. Und ab da wurde es die Hölle.
    Ich erbrach mich. Nach dem Aufstehen, nach einem Schluck Wasser oder einem kleinen Bissen Brot, nach einem Löffel Suppe, sogar nach dem Mundausspülen oder dem Zähneputzen. Ich erbrach mich, wenn ich irgendwo Essen (z.B. eine angebissene Bulette auf der Treppe am Bhf) liegen sah. Mein Tag fand zwischen Bett-Klo-Sofa-Klo statt. Das ging bis Anfang des 8. Monats so.
    Ich hatte im 6. Monat bereits die ersten Wehen, die meine Frauenärztin dazu verleiteten, mich krankzuschreiben. Ich solle Stress vermeiden und die Füße hochlegen und so. Naja. Wie das hätte gehen sollen bei dem ganzen Gekotze weiß ich vis heute nicht.
    Man sah es mir bis dahin auch nicht an, dass ich schwanger war. Ich nahm ja kein Gramm zu bis dahin. Ich habe zum Glück nur 1,5kg in der Zeit abgeworfen und konnte froh sein, dass ich noch ein paar Reserven hatte.
    Die letzten beiden Monate verliefen dann ganz anders.
    Mit einem Schlag war das Dauer-Erbrechen vorbei und ich entwickelte einen unglaublichen Heißhunger. War das ein Erlebnis. Ich hatte mich noch nie so darüber gefreut, ein Knäckebrot ohne Kotzen essen zu können :D.

    Und so verging die Zeit vis zum Termin….und dann war der vorbei. Und ich 6 Tage drüber… Und bei der Kontrolle regte sich das Kind nicht mehr. Lies sich durch nichts motivieren. Die Herztöne waren ok, etwas zu ruhig, aber ok. Und ich war genervt. Man fühlt sich wie ein gestrandeter Wal und der Sommer und die Sonne treiben den Schweiß aus jeder Pore und das Kind hat nichts besseres zu tun, als sich noch aufzuhübschen. Hallo?! Du bist ein Junge. Du musst nicht gut aussehen. Reicht, wenn du später Charakter hast und stark bist :P.
    Ich hing dann also am 6. Tag nach dem Termin irgendwann gegen Mittag am Wehentropf, hatte Besuch im Kreißsaal von meiner besten Freundin samt Mann, meiner Mutter und noch einer Freundin. Wir spielten „Wer bin Ich?“ und ich bekam langsam schlechte Laune, weil ich Hunger hatte.
    Der Wehenschreiber zeichnete heftige Ausschläge auf, von denen ich aber irgendwie nichts merkte. Die Hebamme, die alle 10 Minuten nach dem Rechten sah, wunderte sich sehr. Sie meinte, ich müsste Schmerzen haben ohne Ende. Oder wenigstens ein fieses Ziehen im Rücken. Nö. Ich hatte Hunger. Und wollte was ordentliches essen.
    Sie brachte mir dann tatsächlich noch Essen in den Kreißsaal. Kartoffeln, Gemüse, Fleisch und Soße. War das gut!!!

    Nach knapp 5 Stunden hatte sie dann die Nase voll und schmiss meine Besucher raus. Sie wollte die Fruchtblase öffnen, damit der Körper mal in die Gänge kommt. Mit war das egal. Ich hatte da ja noch keine Ahnung, was es heißt, Wehen zu haben. Also, so richtige. Mit ganz viel Schmerzen.
    Die Hebamme, eine kleine, süße und liebe Frau, stülpte sich also den benoppten Fingerhandschuh über und fummelte in mir rum. Aber nichts rührte sich. Ich sagte irgendwas, woraufhin sie machen musste. Sie zog den Finger raus, ich ebenfalls- und als sie schon fast in der Tür war, um einen Arzt zu holen, rief ich sie zurück. Tadaaaaa!!!! Das ganze Bett nass. Schön warm war es.

    Meine beste Freundin kam wieder rein. (Sie sollte ja bei der Geburt dabei sein) …und dann kam die erste Wehe.
    Sie traf mich völlig unvorbereitet und mit so einer Wucht, dass ich Mandy nur anflehte, sie mögen das Kind aus mir rausschneiden. Sofort. Ich dachte, ich überlebe das nicht. Und so ging das weiter. Nicht schön entspannt alle paar Minuten. Nein. Wehe für ca 10 Sekunden, Schnappatmung und Luft geholt und gleich die nächste Wehe hinterher… dann sollte ich nochmal auf Toilette (Machen die Witze??? Wann denn???) und den Raum wechseln.
    Ab da schwankte ich zwischen genervt und Ungeduld. Durfte noch nicht pressen und musste mich drehen und aufstehen und sonst was veranstalten, ‚um dem Baby zu helfen‘. Dabei wollte ich einfach nur auf dem Rücken liegen, Beine breit und das Kind zur Welt bringen, wie zu Moses Zeiten.
    Was alles so geschah drumherum kann ich gar nicht mehr genau sagen. Ich habe Witze gerissen, immer dann, wenn mich der Schmerz fast um den Verstand gebracht hat. Das hatten sie wohl so auch noch nicht erlebt. Naja. Ich auch nicht.
    Eine Wehe jagte die nächste, Mandy wollte mir was Gutes tun und rieb meinen Rücken mit einem ätherischen Öl ein. Ich dachte, jetzt schieße ich den Vogel ab und bitte während der Geburt. So schnell, wie das Zeug auf meinem Rücken war, so schnell war es wieder runter.

    Und dann…gefühlt nach 100 Stunden endlos Wehen war er plötzlich da. Gut. Es war unter 3 Stunden. Aber naja. Fühlte sich wie eine Ewigkeit an.

    Und was sage ich als erstes, als ich ihn gesehen habe!?!
    Schwer enttäuscht: “ Ich wollte aber ein kleines Baby!!!“
    Die Blicke der Ärztin und Schwestern waren köstlich.
    53cm und fast 4 Kilo und einen kleinen Dickschädel von 36,5cm Umfang hatte der „Kurze“. Was für ein Augenblick.

    Ich scherze inzwischen nur noch halbherzig, wenn ich sage, dass mein nächstes Kind mein Freund austragen ‚darf‘. Ich habe eigentlich noch richtig Angst vor einer weiteren Schwangerschaft.
    Eine 2. hatte ich knapp 2 Jahre nach der Geburt meines Sohnes. Aber da ging es mir bereits in der 2. Woche so schlecht, dass ich ins KH eingeliefert wurde und dort hieß es dann: „Sie oder das Kind.“. Und da ich ein Kind bereits zu versorgen hatte, fiel nach langen Gesprächen die schwere Entscheidung. Noch ein Punkt, den ich mit mir herumtrage…

    Inzwischen ist der Kurze fast 6 Jahre alt. Ein echter Riese, so wie er auf die Welt kam, und mein größter Schatz. Und manchmal komme auch ich an meine Grenzen und zweifle an mir als Mutter. Aber wenn ich ihn dann sehe, wie er sich entwickelt und wie er mit den Kleinen umgeht und wie toll er malt und was er alles schon so kann, dann atme ich auf und durch und weiß, dass dich eigentlich alles ganz gut läuft und ich anscheindend erstmal nicht versage :).

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    • Liebe Maxi,
      ganz herzlichen Dank für deinen Kommentar! Er hat mich zum Lachen, aber zum Schluss dann auch zum Weinen gebracht. Du hast auch schon so viel durchgemacht. Es tut mir Leid für deinen Verlust. Ich stelle es mir ganz schrecklich vor und doch bin ich wahrscheinlich nicht mal ansatzweise dran, wie du dich gefühlt haben magst und es bis heute tust.
      Deinem Kleinen – der irgendwie nie klein war 😉 – und dir wünsche ich von Herzen alles Gute.
      Julia

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  3. Erst einmal du hast nicht versagt!Du hast alles Richtig gemacht!Wer gibt das Recht zu behaupten das wenn man einen KS hat,den leichteren Weg genommen hat?und bei einem Not-KS erst recht👎sowas macht mich wütend traurig zu gleich wenn ich sowas höre!Niemand hat das Recht zu Urteilen.Alle KS die ich kenne,hatten erst alles wie bei einer Spontan Geburt erlebt.Aber manchmal kommt es anders als man denkt.Man kann dankbar sein,das es diese Möglichkeit gibt und dadurch viele leben gerettet wurden.
    Ich selber habe 2 spontan geburten hinter mir.Aber die 1.war auch kein zuckerschlecken :/ nach ewig langen Wehen (12)schoben auch die Hebi und der Doc Panik weil die Herztöne vom kleinen in den Keller bei jeder wehe gingen.Aber bei mir war zum Glück der muttermund schon weit genug offen…waw mit dem kleinen war,haben sie mir nicht gesagt,hatte ich erst im Mutterpass gelesen :’/ Nabelschnur 2 mal um den Hals 🙈zum Glück hat er alles gut überstanden!Ich danke Gott jeden Tag dafür!meine kleine war ne Traumgeburt die ich vom Herzen jeden wünsche! Knappe 2,5 stunden von der 1.Wehe bis das 1.Quaken der Püppy ❤

    Ich wünsche euch dreien alles erdenklich Liebe und Gute ❤

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    • Hallo Manuela,
      da hast du Recht: Manchmal kommt es einfach anders. Und auch ich bin dankbar, dass es ein gutes Ende genommen hat. Aber der Schmerz sitzt dennoch tief. Ich kann mich nicht mit dem Gedanken trösten „Hauptsache, er ist gesund.“. WIE er auf die Welt kam, hat mich sehr geprägt. Obwohl uns so viel Zeit gegeben wurde, endete es mit einem Notkaiserschnitt. Ich frage mich oft, ob es auch anders hätte laufen können und ob es dann auch ein gutes Ende genommen hätte. Aber diese Frage kann mir niemand beantworten. Die Frage schwebt immer mit…
      Julia

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  4. Liebe Julia,
    auch ich hatte es nicht einfach bei den Geburten meiner Kinder, aber im Gegensatz zu Dir wusste ich von Anfang an, dass ich mit einem Kaiserschnitt entbinden muss. Ich hatte 3 Jahre davor ein geplatztes Aneurysma mit Hirnblutung im Kopf. Seit dieser schweren Krankheit war ich einfach nur unglaublich dankbar, dass ich mich vollständig davon erholt habe und überhaupt Kinder bekommen durfte und ein normales Leben führen darf. Den Kaiserschnitt sollte ein befreundeter Oberarzt machen, der bestens in meine Krankengeschichte involviert war. Einige Wochen vor Geb Termin fragte ich ihn nach seiner Notfallnummer, falls es mal früher losgehen sollte. Er sagte das passiert beim ersten Kind so gut wie nie, aber hier hast Du alle Nummern. Zack. 5 Wochen vorher platzte mitten in der Nacht die Fruchtblase, mein Mann schoss wie ein Pfeil aus dem Bett. Vor lauter Aufregung fand ich die Notfallnummern nicht, die ich nur abfotografiert und nicht gespeichert hatte. Als ich sie gefunden hatte und anrief sagte unser Freund ganz entspannt na dann komm mal. 45 Min Fahrtzeit, seit platzen der Fruchtblase keine Kindsbewegung. Im Khs dann die Erlösung. Es war noch genug Fruchtwasser da und das Baby schlief. Früh morgens bekam ich den Kaiserschnitt, es lief alles gut, unser Sohn hatte etwas Startschwierigkeiten mit Gelbsucht und anfänglichen Atemproblemen, aber nach 12 Tagen gingen wir glücklich machen Hause. Den Kaiserschnitt fand ich komischerweise total easy und lief am 2. Tag schon wieder etwas gekrümmt herum. Jetzt springe ich zur 2. SS, 2,5 Jahre später. Irgendwie hatte ich das Gefühl Sohn Nr. 2 wird noch früher kommen. Unser Freund ist inzwischen Chefarzt geworden in einem Khs ohne Kinderklinik. Somit wuchs meine Sorge wo sollte ich hingehen, wenn es wieder früher losgeht. Meine ersten Wehen hatte ich bereits in Woche 28 und war dann ganz schnell arbeitsunfähig. Diese Wehen kamen auch immer wieder, hörten nie mehr richtig auf. 6 Wochen vor Termin wachte ich morgens auf und mein komplettes Stillkissen war nass. Da aber mein Schlafanzug trocken war, evtl schon wieder getrocknet, dachte ich mir nichts dabei. In der folgenden Nacht ging ich nachts zur Toilette und danach tropfte Blut auf den Boden. Ab in Krankenhaus! Ich hatte keine Wehen, sie wollten mich zur Beobachtung da behalten. Abends bekam ich eine Trombosespritze. 2 Std später platzte die Fruchtblase als wenn jemand in einen Luftballon sticht. Tja, und wegen der falsch gegebenen Thrombosespritze bekam ich sogar noch eine Vollnarkose. Alles ist gut gelaufen, außer dass ich Schmerzen hatte unter der Kaiserschnittnarbe, die sich anders anfühlten als beim letzten Mal. Nach einer Woche und einigen Untersuchungen steht der Chefarzt in meinem Zimmer und sagt Sie haben ein faustgroßes Hämatom und wir müssen das ausräumen. Gesagt, getan. Ich wachte aus Narkose auf und hatte die gleichen Schmerzen wie eine Woche zuvor. Dem Kind ging’s erstaunlich gut, er war fitter als sein Bruder und ein paar Tage später würden wir entlassen. Zu Hause angekommen fühlt ich mich kraftlos, mir war kalt, ich bekam nichts auf die Reihe, schon gar nicht Sohn Nr. 1 aus dem Kindergarten abholen. Am Abend hatte ich plötzlich 40 Fieber. Wieder zurück ins Khs. Sie nahmen Blut ab und sagten eine Std später sei das Ergebnis da. Nach 1 Std schickten sie uns nach Hause, es würde noch dauern, es sei sicher nichts, ich sollte in wieder 1 Std anrufen. Entzundungswerte bei 21, Sie müssen sofort kommen. Keiner konnte sich erklären woher. Ich wurde 1 Woche auf den Kopf gestellt ohne Ergebnis. Irgendwann sagte ich nicht, dass ich einen Khs Keim habe. Daraufhin die pampige Antwort Wir sind hier keine Keimstation, aber wir legen mal eine Blutkultur an. 3 Tage später die Diagnose. Darmkeim im Blut!!! Zwischenzeitlich hatte ich Angst das Aneurysma überlebt zu haben, aber an dem Kaiserschnitt meines 2. Sohnes zu sterben. Aber irgendwie haben wir es geschafft. Ich bin unendlich dankbar zwei Gesunde Kinder zu haben, aber vom Schwanger sein und Kinder kriegen endgültig geheilt!!!

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    • Hallo Natalie,
      da habt ihr ja auch eine Achterbahn der Gefühle nach der anderen hinter euch!
      Beim Lesen hab ich richtig mitgefiebert, ob deine Geschichte ein gutes Ende nehmen wird. Ich bin mir nicht sicher… Hat sie das? Hättet ihr gern noch weitere Kinder gehabt, wenn es diese Vorgeschichte nicht gegeben hätte?
      Viele liebe Grüße
      Julia

      Antworten
  5. Liebe Julia,

    deine Beschreibung hat mich sehr bewegt und auch zum Weinen gebracht, weil ich in etwa nachvollziehen kann, wie du dich gefühlt hast und auch heute noch ab und zu an dir zweifelst.
    Zunächst: Deine bewegende Art zu schreiben, und deine Ehrlichkeit und vor allem die Tatsache, dass du dich mit all dem auseinandersetzen zu versuchst, zeigt, dass du keine Versagerin bist.

    Ich möchte meine Geburtsgeschichte meines Sohnes hier nicht im Ganzen aufschreiben, weil es erstens zu lang wäre und zweitens zu viele Emotionen wieder hochkochen würden. Nur soviel: Bei der Geburt meines Sohnes wurde sich im Krankenhaus massiv über meine Wünsche hinweggesetzt, Stichwort „Gewalt im Kreißsaal“. Die Hebammen waren großartig, die Ärzte katastrophal. Ich habe hart mit der Verarbeitung der Geburt zu kämpfen und ich mag auch nicht jedem direkt meine Geburtsgeschichte auf die Nase binden. Nun ist es aber so, dass ich einen Weg gefunden habe, der mich in der Verarbeitung stark unterstützt, von dem ich dir erzählen möchte.
    Normalerweise bin ich im Netz eher passiv als aktiv unterwegs, aber ich denke es kann dir helfen.

    Ich litt nach der Geburt unter einer postnatalen Depression und habe nach Psychotherapeuten gesucht, die sich mit dem Thema des Geburtstraumas auseinandersetzen, leider nur mit mäßigem Erfolg. Doch dann fand ich eine Dame, die die sogenannte Wing-Wave-Methode praktiziert.

    Hierbei gehst du gedanklich zurück in die Situationen, die dir zu schaffen machen. Man fängt früh an, im Grunde wird erst einmal überprüft, wie du die Schwangerschaft empfunden hast und wie es dann letztlich mit der Geburt losging. Es werden Situationen bearbeitet, in denen deine Hilflosigkeit und Kontrollverlustangst zum Vorschein kamen. Du hast jederzeit die Möglichkeit, das Tempo der Sitzung zu beschleunigen, zu verlangsamen oder abzubrechen. Du allein entscheidest, wie schnell und wie weit du in jeder Sitzung gehen möchtest.
    Wie genau die Wing-Wave-Methode von Statten geht, würde hier zu ausschweifend werden, da müsstest du dich online schlau machen.

    Mir persönlich hilft diese Methode bei der Verarbeitung sehr gut, so dass ich von dem Gedanken „Ich werde niemals ein zweites Kind bekommen können vor lauter Angst“ zu „Irgendwann wäre ein zweites Kind schön, wenn ich die Geburt des ersten Kindes verarbeitet habe.“ gekommen bin.

    Es ist nur ein Denkanstoß, den ich gerne hier mit auf den Weg geben möchte.

    Ich wünsche euch alles Glück der Welt und hoffe, dass ich dir etwas helfen konnte.

    Ganz liebe Grüße

    Antworten
    • Liebe Josephine,
      jetzt hast du mich extrem neugierig gemacht, was dir da widerfahren ist, aber ich möchte dich auch nicht zwingen, darüber zu erzählen, obwohl du das nicht möchtest. Du kannst mir auch gern eine E-Mail schreiben, ich würde deine Geschichte vertraulich behandeln. Wie du magst…
      „Gewalt im Kreißsaal“ kommt gar nicht so selten vor, wie ich sonst immer gedacht habe. Ich bin in diversen Facebook-Gruppen… Was da für Geschichten ans Tageslicht kommen, lässt es mir eiskalt den Rücken runterlaufen. Da hatte ich im Vergleich zu anderen noch Glück, wenn ich das mal so krass ausdrücken darf.
      Die Wing-Wave-Methode sagt mir nichts. Ich danke dir dafür, dass du mich drauf gestoßen hast. Ich werde mich auf jeden Fall darüber informieren und ggf. berichten, wenn es mir tatsächlich geholfen hat.
      Liebe Grüße
      Julia

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  6. Liebe Julia!
    Vielen Dank für diesen Artikel, der mir wieder mal gezeigt hat, dass ich nicht die Einzige bin, die nicht die Geburt hatte, die sie sich gewünscht hätte!
    Ich habe im April meine wunderschöne Tochter geboren, aber auch bei mir lief alles schief! Ich wollte zwar im Krankenhaus gebären, aber ich wollte eine natürliche Geburt, ohne Schmerzmittel! Was ich bekam waren Wehen für 1 Tag und 1 Nacht, eine PDA und einen Kaiserschnitt! Ich hatte zwar glücklicherweise keinen Notkaiserschnitt, aber mein Baby musste beatmet werden, also durfte es auch nicht gleich zu mir! Ich habe geweint als sie es weggetragen haben, weil ich es als unnatürlich empfand!
    Ich war ca das ganze 1. Monat völlig neben der Spur, kann mich auch kaum an was erinnern! Im 2. Monat hatte meine Maus ganz schwere Bauchkolliken u sie hat nur geweint! Ich dachte nur: ich will das nicht, ich schaff das nicht! Und plötzlich war alles anders: wir haben zueinander gefunden und jetzt sind wir unzertrennlich! Meine echten Muttergefühle kamen spät, dafür sind sie jetzt umso stärker und ein Baby zu haben, ist das Beste, das man erleben darf!
    Alles Gute weiterhin für dich und deinen Kleinen und nicht vergessen, wir sind keine Versagerinnen und sollten froh sein, dass die Medizin so weit fortgeschritten ist, dass unsere Babys gesund zur Welt kommen konnten! Meines, genauso weing wie ich selbst, hätte es nicht alleine geschafft!

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    • Liebe Marion,
      dass sie dein Baby mitgenommen haben, hat mich auch furchtbar traurig gemacht. Konnte dein Mann oder jemand dir Vertrautes beim Baby sein?
      Was du da schreibst, dass du die erste Zeit völlig neben dir warst, kann ich zu 100% so unterschreiben. Bei mir kamen die Erinnerungen auch erst Stück für Stück wieder. Aber manches bleibt vergessen, denke ich.
      Die Zeit, in der dein Baby mit Koliken zu kämpfen hatte und nur geweint hat, stelle ich mir extrem Kräfte zehrend vor. Wie hast du es geschafft? Hattest du Unterstützung?
      Umso mehr freut es mich natürlich zu lesen, dass ihr trotz all der Strapazen zueinander gefunden habt und jetzt glücklich seid.
      Ich denke auch hin und wieder, dass ich mein Baby u.U. gar nicht lebend hätte gebären können, wenn die Medizin nicht auf dem jetzigen Kenntnisstand gewesen wäre, aber es bleibt ein bitterer Beigeschmack. Wat das Ganze vielleicht einfach Geschäftemacherei? Bei Kaiserschnitten verdienen Krankenhäuser einfach mal mehr als bei vaginalen Geburten, es erfordert weniger Personal und geht schneller.
      Ich werde es nie erfahren und es bringt auch nix, wenn ich es wüsste. Ich versuche, das Thema abzuschließen.
      Liebe Grüße
      Julia

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