Erste-Hilfe-Kurs mit Kind

Eigentlich wollte ich nur mal so erzählen, wie es ist, seinen fast 2-jährigen Fratz bei einem 6-stündigen Erste-Hilfe-Kurs dabei zu haben.

Aber ich möchte auch über ganz andere Sachen sprechen, die mir heute aufgefallen sind.

Erste-Hilfe-Kurs mit Kind

Allmählich traue ich mich nicht mehr, online irgendetwas zu bestellen – sei es was zum Anziehen oder ein Termin für einen Erste-Hilfe Kurs am Kind. Im ersten Fall, weil ich immer dort bestelle, wo keine einzige Rezension hinterlegt und die Daten des dritten Verkäufers mehr als fragwürdig sind. So kommen dann nach Monaten meine bestellten Schuhe an, nur leider in einer völlig anderen Farbe, dreckig, offensichtlich benutzt und mit üblem Chemiegeruch. Auf Nachfrage kommt – natürlich – keine Reaktion. An das Geld kam ich erst über einen weiten Umweg wieder ran. Mach ich nie wieder.

Aber als mich meine Schwester gestern anrief und mich fragte, ob und wo wir uns treffen wollen, wenn wir zur Jannowitzbrücke müssen, wurde mir klar, dass ich scheinbar auch keine Termine online machen sollte.

Ich bin extra auf die Seite von Die Johanniter gegangen, habe meine Postleitzahl eingetippt, damit mir die Suchmaschine einen Kurs in der Nähe ausspuckt. Nur leider war der Ort des Geschehens dann mal GANZ woanders! Ja, noch Berlin! Immerhin!

Doch weil der Kurs um 9 Uhr anfing, wir aber gut 1 Stunde mit den Öffis fahren mussten (Auto ist natürlich gerade in der Werkstatt), hieß es: Früh aufstehen! Wecker auf 6:45 Uhr gestellt und mir innerlich gesagt, dass ich nächstes Mal genauer hinschauen werde, wenn ich einen Kurs buchen will…

Aber nun war es so, es konnte auch keiner für meinen verschnupften Sohn und mich einspringen. Und die 30€ waren mir einfach zu schade, die ich für ein Nichterscheinen dennoch hätte zahlen müssen. Also wie gesagt: Wecker stellen! Früh schlafen gehen!



Hellwach

Nun ist das bei mir aber leider immer so, dass ich ständig denken muss. Über alles. Und jeden. Was passieren könnte. Und was ich dann tun würde. „Hätte, hätte, Fahrradkette!“, würde mein Mann einfach sagen. Für ihn sind bereits vergangene oder noch vor ihm liegende Ereignisse irrelevant. Tja, nur leider nicht für meinen Kopf.

Erste-Hilfe-Kurs mit Kind - Hund

Und so kommt es, dass ich bis sage und schreibe 3 Uhr morgens wach liege und mir denke „Verdammt! Was machst du hier?! Du musst in ein paar Stunden aufstehen und einen 6-stündigen Kurs mit deinem Kind besuchen!“.

Irgendwann muss mein Körper dann doch abgeschaltet haben und eingeschlafen sein. Der Wecker klingelt pünktlich um 6:45 Uhr. Mein lieber Mann stellt ihn aus. Wir schlafen weiter. Ich in der Annahme, dass es in 5 min. nochmal klingeln wird. Fehlanzeige!

10 Minuten

Ich wache mit einem leichten Panikgefühl auf. Weiß: Um 7:45 Uhr müssen wir aus dem Haus raus und den Bus kriegen. Ich schaue ängstlich auf die Uhr. 7:35 Uhr! Noch 10 min.! Waaaaaas?!?!

Erste-Hilfe-Kurs mit Kind - Panik im Gesicht

Wie eine Irre hüpfe ich aus dem Bett! Keine Zeit für Frühstück, Windel, Duschen, gar nix! Noch nie hab ich so schnell Zähne geputzt und mein Kind angezogen! Und der kleine Mann hat zum Glück mitgemacht!

Alles, was ich in weiser Voraussicht bereits am Abend zuvor vorbereitet habe – Essen, Trinken, Beschäftigung, Wechselklamotten – schleppt mein Mann mir runter zum Kinderwagen. Kind rein. Los! Zur U-Bahn rennen! Die kommt zum Glück erst einige Minuten später.

Auf dem Weg treffen wir dann meine Schwester. Der kleine Mann liebt sie. Die Fahrt zur Jannowitzbrücke ist sehr angenehm.

Erste-Hilfe-Kurs mit Kind - Tante und Neffe in der S-Bahn

Sogar so angenehm, dass wir unsere Station verpassen und erst 4 Stationen weiter merken, dass die Jannowitzbrücke nicht hinter Tiergarten liegt. Also aussteigen. Wieder zurückfahren. Es liegt in der Familie! Wirklich! In weiser Voraussicht (da haben wir sie wieder) hat meine Schwester uns ein Zeitfenster von einer halben Stunde eingeräumt, als sie den Fahrplan erstellt hat.

Und so kommen wir dann punktpüntklich in der Rungestraße 18 an, setzen uns auf unsere 4 Buchstaben und der Kurs kann beginnen.

Trainer

Und ich habe wieder einmal gemerkt, wie wichtig ein guter Redner, in diesem Falle ein Trainer, ist. Sympathisch. Mit einer Prise Humor. Und dann macht so ein langer Kurs auch Spaß. Es werden nicht endlos Zahlen und Fakten aneinander gereiht. Der Trainer ist selbst Vater. Berichtet von diesem und jenem Ereignis aus seinem eigenen Leben. Gibt seine persönliche Meinung dazu, weil man als Elternteil vieles anders machen würde, als es im Lehrbuch vorgeschrieben wird. Das macht das Ganze interessant und abwechslungsreich, kurzweilig.

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Was ich gelernt habe

Dass sich ein Erste-Hilfe-Kurs lohnt, steht außer Frage. Denn man weiß nie, ob und wann es passiert, dass jemand in Not gerät und man helfen muss. Und es muss ja nicht einmal dem eigenen Kind passieren. Es kann auch anderen passieren. Und dann bin ich froh, wenn ich in etwa weiß, was zu tun ist. Was wichtig ist.

Und weil man nicht jeden Tag diese Situationen erlebt, vergisst man auch schnell das Gelernte. Immer wieder auffrischen. Und am besten immer mal wieder zwischendurch üben. Stabile Seitenlage – Wofür war die gut? Wie geht die nochmal? Hab ich an alles gedacht? Atemwege frei machen – Wie ging das doch gleich?

Und ihr lernt so viel. Wie die Rettungskette aussieht, natürlich die lebensrettenden Sofortmaßnahmen, und zwischendurch einfach mal ein paar wissenswerte Tipps zum Verinnerlichen. Und weil die Praxis immer anders aussieht als die Theorie, gibt es auch zahlreiche Übungen, die jeder mitmacht: Stabile Seitenlage, Atemwege frei machen, Herz-Lungen-Wiederbelebung (bei Säugling und Kleinkind), Druckverband anlegen, Armschiene aus einem Dreieckstuch falten uvm.

Erste-Hilfe-Kurs mit Kind - Säuglingspuppe zum Üben mit Masken

Ich kann nur empfehlen: Nehmt so ein Kursangebot wahr. Für nur 30€ geht man am Ende des Kurses sicherer durch die Welt.

Kind mitnehmen

Zwischendurch kamen immer mal wieder Kommentare von den anderen Kursteilnehmern, wie „lieb“ und „brav“ und „artig“ der Kleine doch sei… Das hat mich zwar genervt, weil es immer so dargestellt wird, als seien Kinder nur lieb, wenn sie ihren Mund halten. Aber ich möchte euch gern einige Tipps mit auf den Weg geben, wenn ihr euer Kind auch mal zu solch einer langen Veranstaltung mitnehmen wollt, müsst, was auch immer:

Essen, Trinken, auch Stillen

Dass ich meinem Kind mitten im Kurs etwas zu trinken angeboten habe, war selbstverständlich. Mein Kind kann noch nicht so lange durchhalten wie wir Erwachsenen und soll es auch gar nicht. Außerdem weiß es ja gar nicht, wann es endlich etwas zu Essen/Trinken bekommt, wenn man ihm nichts gibt, obwohl es sich meldet.


Gestillt habe ich den kleinen Mann auch mittendrin. Und außer den nervigen Blicken eines werdenden Vaters kamen da keine Reaktionen. Und sollte es auch nicht. Denn es ist etwas völlig Normales, sein Kind zu stillen – auch über das berühmte 1. Jahr hinaus.

Beschäftigung

Absolut überlebenswichtig: Beschäftigungszeugs! Aber nehmt nur Dinge mit, die den Trainer nicht in den Hintergrund fallen lassen, weil er gegen die Geräuschkulisse nicht ankommt. Wir hatten Papier und Stifte zum Malen dabei, aber auch Steckpuzzle, Steckbecher, jede Menge Sticker, einen Stoffball. Die Sachen kamen echt gut an und wurden lange bespielt. Nicht so gut waren die Spielzeugelefanten, weil der Kleine dann laut getrötet hat, und ein Garn Wolle, weil er sich nur darin verhedderte und befreit werden wollte.

Erste-Hilfe-Kurs mit Kind - Spielzeug zur Beschäftigung

Mit einbeziehen

Eine Mutter war mit ihrem Baby dabei und gab es ab, wenn sie nach vorne gehen und die Übungen machen sollte. Das fand das Baby anfangs noch ok und ließ sich von einem Fremden halten, aber irgendwann fand es das auch doof und weinte. Es wollte zu seiner Mama.

Als wir dran waren, bot man uns an, auf den Kleinen aufzupassen, dass er neben ihnen sitzen könne, während meine Schwester und ich die Übungen machten. Ich hatte dieses Angebot akustisch gar nicht wahrgenommen (meine Schwester berichtete mir später davon), hätte aber auch so abgelehnt.

Warum? Weil mein Kind lieber bei ihm vertrauten Personen ist. In dem Fall bei meiner Schwester und mir. Warum sollte ich mein Kind Wildfremden in die Obhut geben? Ich kenne sie nicht. Und es war echt kein Ding, den Kleinen mit nach vorne zu nehmen. Zugegeben: Als ich in die stabile Seitenlage gebracht werden musste, machte er sich Sorgen und fing auch an zu weinen. Aber als wir die Babypuppe wiederbelebten, machte er sogar mit.

Erste-Hilfe-Kurs mit Kind - Kind auf Übungsmatten

Und das ist es, worauf ich eigentlich hinaus will. Wo dürfen Kinder laut Erwachsenen sein und wo nicht? Für meinen Sohn soll es diese Aus- bzw. Abgrenzung nicht geben. Ich werde mein Kind mitnehmen. Ins Restaurant. Zum Zahnarzt. Zum Friseur. Ich gehe mit ihm einkaufen und nehme ihn mit, wenn ich mich mit meinen Freunden treffe. Ich habe mein Kind nicht geboren, um es irgendwo abzugeben und dann allein weiter zu machen. Mein Kind ist ein Teil von mir, von unserer ganzen Familie. Und er wird auch so behandelt. Als ein vollwertiges Mitglied dieser Familie.

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Liebevolle Unterstützung

Und wisst ihr, was passierte, als der kleine Mann nach der Mittagspause nicht mehr in den Raum wollte? Er bekam vom Trainer ein Malbuch geschenkt. Für ihn wurde sogar ein Elefant aus einem Gummihandschuh gebastelt. Später bekam er sogar von den Teilnehmern eines anderen Kurses noch einen weiteren Handschuh-Elefanten geschenkt. Das sind Dinge, die mir zeigen, was für liebevolle Menschen da um uns herum sind. Und es ist schön zu sehen, wie sie meinen Sohn erheitern.

Erste-Hilfe-Kurs mit Kind - blauer Elefant aus Handschuh

Es war halt echt gut, dass meine Schwester mit dabei war. Und das kann ich euch auch empfehlen, wenn ihr so etwas in der Art vorhabt: Nehmt euch jemanden mit, den euer Kind sehr mag oder der euch halt helfen kann. Mit Sachen tragen, in meinem Fall auch Sachen aufschreiben, wenn ich den Kleinen mal wickeln und den Raum verlassen musste. Das ging leider nicht in der Pause, sondern war mitten im Kurs nötig. So schrieb meine Schwester dann für mich mit und erzählte mir später, was ich versäumt hatte.

Und selbst, wenn ihr allein mit Kind seid und ihr merkt, es kann nicht mehr. Dann lasst ihm Zeit. Ich war nach dem Wickeln auch eine Weile mit dem Kleinen auf dem Flur unterwegs. Da standen Miniaturfiguren in einer Vitrine, ein Weihnachtsbaum usw. Alles sehr interessante Dinge. Und der Kleine hatte schon so lange durchgehalten.

Auch die Mama mit Baby verließ des Öfteren den Raum, wenn das Baby weinte. Und der Trainer erkundigte sich, ob er sie in irgendeiner Wiese unterstützen könne. Das ist einfach sehr einfühlsam. Ich fand den Trainer echt klasse! Muss ich ja mal sagen!

Mittagsschlaf

Und wenn es gar nicht gegangen wäre und der Kleine hätte schlafen wollen? Kein Problem! Uns wurde sogar ein Raum zum Wickeln und Schlafen angeboten! Mit Bett! Das hat mich völlig aus den Socken gehauen. Es wurde eben an alles gedacht. Ich hatte für den Fall auch meinen Tragegurt mitgenommen und den Kinderwagen dabei. Damit der Kleine irgendwo hätte schlafen können. Aber ein Bett wäre noch idealer gewesen. War aber zum Glück nicht nötig.

Erste-Hilfe-Kurs mit Kind - Zertifikat

Erst, als der Kurs vorbei war, und ich mein Zertifikat in den Händen halten durfte, wurde der kleine Mann quengelig und schlief dann später im Kinderwagen ein. Dann ab zum Bahnhof. Und dann wieder zurück, weil wir die Tüte mit dem Spielzeug vergessen hatten. Aber dann wirklich nach Hause!

Habt ihr bereits einen Erste-Hilfe-Kurs besucht?

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2 Gedanken zu „Erste-Hilfe-Kurs mit Kind“

    • Liebe Uri, es war nicht so anstrengend, wie ich gedacht hatte. Aber vor allem, weil meine Schwester mit dabei war. Wäre ich allein gewesen, hätte es bestimmt anders ausgesehen. Wer weiß.

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