Kuscheltier verloren

Katastrophe! Du hast das sicher auch schon mal erlebt: Das liebste Kuscheltier geht verloren! Die Odyssee beginnt…

Kuscheltier verloren

Zu Weihnachten bekam ich von meiner Schwester eine selbst gehäkelte Nixe geschenkt. Und ich liebte sie über alles. Liebe sie noch heute über alles. Und auch der kleine Mann war hin und weg von ihr.

Die Nixe wurde ein neues Familienmitglied. Neben den anderen Kuscheltieren. Doch jetzt wurden nicht mehr die Glitzerschuhe oder das große Plastikauto ins Bett gebracht. Jetzt war es Nixe. Ab und zu auch ein paar andere Kuscheltiere. Aber die Nixe hatte es ihm wirklich angetan.

Und so war es natürlich auch völlig klar, dass sie bei den täglichen Ausflügen mitgenommen wurde. So auch eines schönen Tages, als wir beschlossen, in den Tierpark zu gehen.

Kuscheltier verloren - Kind gibt Affe Futter

Beinahe verloren

Ich hatte den Kinderwagen mitgenommen (den der kleine Mann wie eh und je ignorierte; seither nutze ich ihn – also den Kinderwagen – als Gepäckträger). Die Nixe packte ich hinten in den Kopfteil des Kinderwagens. Und als wir so über eine Wiese stolperten, hüpfte sie schon raus! Und ich dachte mir noch so „Puh! Glück gehabt! Hast es noch gemerkt! Wenn die verloren gegangen wäre…“

Also verstaute ich Nixe etwas besser und als es dunkel wurde, traten wir den Heimweg an.

Ach ja! Noch schnell einkaufen gehen! Also mit dem Bus eine Station weiter fahren und schnell in den Supermarkt hüpfen. Erledigt.



Als wir nach Hause wollten, fiel mir ein, dass der Kinderwagen ja noch untergebracht werden muss. Also ab über den Hinterhof. Es war inzwischen stockfinster. Ich zog es trotzdem vor, eine Abkürzung über die holprige Wiese zu nehmen. Ja, es sind nur ein paar Meter. Aber nach einem Besuch im Tierpark, wo man die ganze Zeit über läuft und läuft und läuft (und trägt und trägt und trägt), da war ich froh, ein paar Meter einzusparen.

Endlich zu Hause. Abendbroten. Baden. Zähne putzen. Hörbuch. Schlafen. Nixe? Och nee, nicht nochmal aufstehen. Nixe schläft heute woanders… Dass der kleine Mann das akzeptierte, lag wohl daran, dass auch er hundemüde war…

Nur verlegt

Als wir am nächsten Tag zu meinen Eltern in den Garten wollten, musste Nixe natürlich mit. Aber wo war sie? Ich suchte und suchte… Keine Ahnung. Die Zeit drängte. Der kleine Mann verlangte nach seiner Nixe. „Keine Ahnung, wo Nixe ist. Wir nehmen heute mal Puppi mit, ok?“ Also kam Puppi mit. Nixe würde schon auftauchen…

Bei meinen Eltern angekommen, wurde natürlich gleich berichtet, dass Nixe weg ist. Alle so „Was, kleiner Mann? Die Nixe ist weg??“ Und ich beschwichtigte sie schon und meinte „Nein, nein, nur verlegt. Die liegt irgendwo bei uns zu Hause rum. Wir haben sie nur nicht gefunden. Wird schon auftauchen.“

Wenn es einem allmählich dämmert

Wieder zu Hause angekommen, fing ich allmählich etwas beunruhigt an, nach der Nixe zu suchen. Wo war sie nur? Wohnzimmer? Nein. Flur? Nope. Küche? Fehlanzeige. Bad? Warum sollte sie im Bad sein? Egal. Bad? Nö. Kinderzimmer? Natürlich… nicht. Hm. Schlafzimmer? Eventuell? Verdammt, wo ist Nixe??

Kuscheltier verloren - Kinder suchen

Ich huschte schnell nach unten zum Kinderwagen. Bestimmt hatte ich einfach nur vergessen, sie mit nach oben zu nehmen. Aber auch da war sie nicht. Ich stellte den Kinderwagen auf den Kopf. Decke raus, Fußsack absuchen, Kopfteil durchstöbern. Nichts.

Ich rannte wieder nach oben. Kramte meinen Rucksack aus und suchte jeden Winkel ab. Das kann doch nicht sein! Ich bin mir 100 %ig sicher…!!! Ja… war ich das wirklich?

Wenn es angekommen ist

Und dann begriff ich: Wir hatten Nixe verloren. Und ich war so traurig! Hatte so ein dermaßen schlechtes Gewissen! Meine Schwester hatte sich so viel Mühe gegeben mit der Nixe. Hatte sie zwischenzeitlich sogar repariert, als sie ein Loch bekam. Und dann wurde sie noch umgehäkelt. Da steckte einfach so viel Liebe und Mühe und Arbeit und Herzblut drin. Ich durfte Nixe einfach nicht verloren haben! Aber so war es leider…

Also was tun? Der kleine Mann vermisste seine Nixe. Ich auch. Wie konnten wir sie wiederfinden?

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Soziale Medien

Mein erster Versuch: Facebook! Einfach überall posten, dass wir sie suchen. Zum Glück hatte ich ein aktuelles Foto von der Nixe! Das wurde natürlich gleich genutzt. Nixe ist ein Unikat. Wer sie sieht, wird sich erinnern. Sie sticht einem ja förmlich ins Auge mit ihren Pausbäckchen und ihren schrillen Farben.

Kuscheltier verloren - Nixe

Es teilten auch viele Leute. Viele kommentierten, gaben einige Tipps, stellten Fragen. Ich war fleißig am Beantworten, Bedanken, Erläutern… Aber keine Spur von Nixe. Doch ich gab die Hoffnung nicht auf. Und teilte noch auf Twitter. Und Instagram. All diese sozialen Medien müssen doch zu irgendwas gut sein…

Aber so ganz zufrieden war ich noch nicht mit meiner Arbeit. Ich hatte noch nicht alles gegeben, hatte ich das Gefühl. Was kann ich noch unternehmen?

Ich ließ den Tag im Tierpark Revue passieren. Tierpark. Supermarkt. Hinterhof. Ich klapperte also den Tierpark, den Supermarkt und den Hinterhof ab und suchte nach Nixe. Fragte nach Nixe. Vielleicht hat sie ja jemand gefunden und inzwischen abgegeben… Nein? Die Suche geht weiter.

Copyshop

Zu Hause schrieb ich einen Suchbrief. Schön im A4-Format! Mit fettem, farbigen Bild von der Nixe. Ich schrieb sogar einen Finderlohn aus. Damit die Leute auch motiviert sind!

Da wir nur einen Schwarz-Weiß-Drucker haben, ging es also ab zum Copyshop (immer den kleinen Mann im Schlepptau). Zwischendurch von einem Blödmann angepöbelt werden, ob er sein Auto jetzt aus der Parknische raushieven solle. Er wollte mir wohl mit diesem Sarkasmus deutlich machen, dass ich zu nah an seiner Karre geparkt habe. Geht das nicht auch freundlicher? Offensichtlich nicht. Er ruft seine Frau zu sich ins Auto und schafft es doch tatsächlich auch ohne meine Hilfe raus. Muss dann natürlich noch so’ne Sprüche von wegen „Frau am Steuer“ von sich geben. Und es war noch nicht mal Mittag…


Dann war der Copyshop natürlich nicht mehr da. Mein Navi jedoch war absolut davon überzeugt, dass es diesen Copyshop doch gibt. Nur stand da inzwischen ein Friseur. Ob die auch mit Farbe drucken? Nee, nee, ich lass mich doch nicht verschaukeln! Wo ist der nächste Copyshop?

Und nachdem wir dann am zweiten Copyshop gefühlte 10 Mal vorbeigelaufen waren, hatten wir endlich unsere Suchblätter. Jetzt geht es ans…

Verteilen

Ich hatte einen Haufen Suchblätter drucken lassen. War hochmotiviert. Wollte sie gleich überall aufhängen. Mein Mann bremste meinen Übermut und sagte, ich solle es mal da probieren, wo viele Leute hingehen. Und wo gehen viele Leute hin? In den Supermarkt. Zum Bäcker. Zum Döner. Oder dergleichen.

Die Suchblätter darf man natürlich nicht einfach mal so da hinhängen. Da muss man lieb fragen, ob man das darf. Manchmal kriegt man ein „Nein. Das erlaubt unsere Chefin nicht“ zu hören. Manchmal heißt es aber auch „Klar doch. Wir sind halt viel cooler als Supermarkt XYZ!“

Kuscheltier verloren - Suchblatt

Und so lief ich dann bewaffnet mit Suchblättern, Klebeband und scharfen Zähnen von Geschäft zu Geschäft. Hier und da brachte ich ein Suchblatt auch mal an einer Haustür an. Keine Ahnung, ob ich das durfte. Bestimmt nicht. Aber wer das liebreizende Gesicht von Nixe sieht, dem wird bestimmt das Herz aufgehen und es hängen lassen.

Ich bin stinksauer!

Von wegen Herz aufgehen! Mein Mann kommt abends nach Hause und ich frage ihn erwartungsvoll „Und???? Was sagste?????“ Er so „Ähm…???“

Zur Info: Ich hatte vorne an unserer Haustür und hinten an der Hoftür ein Suchblatt angebracht. Das verdatterte Gesicht meines Mannes zeigte mir also was? Es hat nicht mal einen verdammten Tag (ich wiederhole: nicht mal EINEN verdammten Tag!!!) gehalten. Da haben es die Leute schon abgerissen. Ich war stinksauer! Aber sowas von! Ich redete mich richtig in Rage! Wer kann es wagen, meine kostbaren Suchblätter abzurupfen?? Und das nach noch nicht mal einem verdammten Tag??

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Scheideweg

Dazu muss ich sagen: Bevor wir Nixe verloren, waren der kleine Mann und ich unterwegs im Regen. Und fanden mitten im matschigen Gebüsch einen kleinen, weißen Plüschteddy.

Erst dachte ich so: Oh, der arme Teddy. Ganz nass und dreckig. Den nehmen wir mit nach Hause. Da hat er es gut.

Aber dann dachte ich mir, wie wir uns fühlen würden, würden wir unser heiß geliebtes Kuscheltier verlieren. Wir würden inständig hoffen, dass wir ihn wiederfinden. Was machte ich also? Ich klopfte den Teddy etwas Dreck ab und hing ihn – gut sichtbar – in Augenhöhe ins Gebüsch. Auf dass er gefunden werden würde.

Das verstand der kleine Mann natürlich nicht. Er wollte den Teddy einfach mitnehmen. Doch ich erklärte ihm: Ein Kind wird ihn verloren haben. Und jetzt sehr vermissen. Sie werden auf die Suche nach dem Teddy gehen. Wenn wir ihn jetzt mitnehmen, finden sie ihn nicht mehr. Dann sind sie traurig. Wenn wir den Teddy hier lassen, wird er vielleicht von ihnen gefunden. Und dann ist das Kind, das den Teddy verloren hat, wieder glücklich.

Kuscheltier verloren - Kind kuschelt mit Teddy

Der kleine Mann wollte es noch immer nicht begreifen. Also schlug ich ihm etwas vor: Wenn der Teddy nach 1 Woche immer noch dort hängen würde, würden wir ihn mitnehmen.

Es dauerte übrigens nur wenige Stunden, da war der Teddy bereits verschwunden. Entweder wurde er tatsächlich vom Kind, das ihn verloren hatte, wiedergefunden. Oder jemand anderes hatte sich drüber gefreut und ihn einfach mitgenommen…

Und genau da scheiden sich wohl die Geister. Mitnehmen? Oder da lassen? Oder z.B. in den Supermarkt bringen?

Passiert halt

Was ich auch des Öfteren zu hören bekam: Ist doch halb so wild. Passiert halt. Ist doch nur ein Kuscheltier. Macht dir deine Schwester halt’ne neue.

Und genau da komme ich nicht mehr mit. Selbst, wenn es sich bei der Nixe nicht um ein Unikat, das rein aus dem Kopf entstanden ist, handeln würde. Selbst dann wären wir traurig gewesen. Keine Ahnung, ob ich noch mit unverarbeiteten Verlustängsten zu kämpfen habe, von denen ich nichts weiß, aber ich fand den Gedanken, Nixe verloren zu haben und einfach zu ersetzen, schrecklich.

Außerdem hat man ja zu diesem Kuscheltier bereits eine Verbindung aufgebaut. Ich erinnere mich gut an mein liebstes Kuscheltier zurück. Einen großen Teddy. Er war nicht zu klein und nicht zu groß. Er war perfekt. Meine Schwester bekam den gleichen. Aber ich, ich liebte diesen Teddy abgöttisch!

Kuscheltier verloren - ein Herz und eine Seele

Er kam überall hin mit und hatte schon so manche Gebrauchsspuren davongetragen. Zum Beispiel von dem Tag, an dem ich auf die glorreiche Idee kam, meinem Teddy mal die Haare zu schneiden. Nur wuchsen die nach der Schnibbelei nicht mehr nach. Seitdem hatte mein Teddy eine kleine, kahle Stelle am Kopf.

Ich hätte ihn unter all den anderen Teddys erkannt. Ich schlief jeden Abend auf meinem Teddy ein, weshalb sein Bauch nicht mehr flauschig, dick und kuschlig war wie der Teddy meiner Schwester. Stattdessen war er ganz plattgedrückt und rau. Das machte meinen Teddy nicht weniger liebenswert. Im Gegenteil. Ich liebte ihn dafür umso mehr. Er wuchs mir so richtig ans Herz.

Vielleicht war es das Kind in mir, das wieder zum Vorschein kam, als wir Nixe verloren. Man erinnert sich an sein liebstes Kuscheltier und versetzt sich in die Lage seines Kindes hinein. Und dann weiß man, dass das nicht einfach zu ersetzen ist. Man muss diese Nixe finden. Nichts anderes. Und wenn man tatsächlich doch die gleiche Nixe nachhäkeln könnte, so wäre es doch nie dieselbe. Und das würde ich immer wissen. Da wäre immer so ein fader Beigeschmack dabei. Versteht ihr, was ich meine?

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Finstere Gedanken

Und genau dieses Ereignis mit dem kleinen, weißen Teddy im Dreck ließ mich nachdenklich werden. Hatte jemand Nixe gefunden und einfach behalten? Wollte sie nicht hergeben? Und riss deshalb die Suchblätter ab? Ich wurde wirklich paranoid und unterstellte den Menschen Böses. Ich war richtig wütend. Immer, wenn eine Familie an uns vorbeikam, beäugte ich sie, um zu gucken, ob Nixe dort sei. Stellte mir vor, was ich tun würde, wenn ich sie wirklich finden würde.

Kuscheltier verloren - Katze auf der Lauer

Nein, das war keine schöne Zeit, sag ich euch.

Aber zum Glück wurden diese finsteren Gedanken mitten in der Nacht beseitigt. Mein Mann musste sehr früh aufstehen und fand sie dann plötzlich bei uns in der Wohnung auf den Decken. Er beschloss, mich deshalb zu wecken. Und ich war ihm so unendlich dankbar, dass er es getan hatte. Ich war so happy! Und schlief daraufhin sofort wieder ein. Und als der kleine Mann merkte, dass Nixe in seinen Armen lag, war er auch über alle Maßen glücklich.

Aufräumen

Jetzt ist Nixe da. Die Suchblätter wurden zu meiner Entlastung ja schon beinahe komplett abgehangen. Ist jetzt natürlich ein Vorteil für mich. Denn natürlich müssen jetzt all die Suchblätter wieder abgehangen werden. Das gehört sich einfach so. Bei den sozialen Medien gebe ich zu, bin ich etwas faul. Ich habe nämlich den Fehler gemacht, in jede Gruppe einen neuen Beitrag zu schreiben. Deshalb konnte von den Gruppen auch nicht geteilt werden, was auch nochmal ärgerlich war, als ich das herausfand. Hätte ich die einfach nur nacheinander geteilt, wäre die Arbeit jetzt einfacher. Aber man lernt ja nie aus…

Da ich meine Zeit nicht damit verplempern will, allen zu sagen, dass Nixe wiedergefunden wurde, habe ich es zumindest auf meiner Seite hingeschrieben. Und all jene, die fragen oder es teilen, schreibe ich dann, dass Nixe inzwischen gefunden wurde (bedanke mich noch brav). Und dann hoffe ich, dass sich das mit Nixe irgendwann von selbst löst.

Vorsorgen

Wir hatten Glück und unser Kuscheltier lediglich verlegt. Versteckt. Jetzt müssen wir überlegen, wie wir solche Rettungsaktionen für die Zukunft vereinfachen können. Und da dachte ich mir, lege ich Nixe einfach ein kleines, wasserfestes Schildchen in die Mütze. Einfach mit einer kurzen Bitte, unsere Nummer zu wählen, wenn Nixe gefunden wird. Nicht mehr und nicht weniger.

Und so kann man es bei allen Kuscheltieren oder geliebten Sachen machen, die gern mitgenommen werden. Nummer, Adresse oder etwas ähnliches raufschreiben, ranschreiben, rankleben und gut ist.

Ich weiß jetzt, dass ich ein herrenloses Kuscheltier, Spielzeug, was auch immer, nur nach Hause mitnehmen werde, um es dort aufzubewahren. Ich würde eine Nachricht schreiben (soziale Medien – da gibt es ja haufenweise Gruppen, in denen Spielzeug gesucht und gefunden wird) und auf Meldung warten. Oder ich würde es wie damals schon sichtbar platzieren und eine Nachricht schreiben. Oder irgendwo hinbringen (irgendein Geschäft zum Beispiel) und eine Nachricht schreiben. Denn ich weiß jetzt, was das für eine Arbeit ist (und mit wie vielen Sorgen es verbunden ist), ein innig geliebtes Kuscheltier wiederzufinden.

Was habt ihr schonmal verloren?

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