„Meins!“ – Die Sache mit dem Teilen

Als mein Sohn noch ganz klein war, war es ihm völlig egal, wenn ihm etwas weggenommen wurde. Doch mit 2,5 Jahren sieht das schon ganz anders aus. Da wird fremdes Spielzeug gern genommen, das eigene jedoch rigoros verteidigt.

Das kann ganz schön anstrengend sein, muss es aber nicht. Wie wir mit dem Thema „Teilen“ umgehen, verrate ich dir im heutigen Beitrag.

„Meins!“ – Die Sache mit dem Teilen

Früher hab ich über das Teilen noch anders gedacht. Ich war der Meinung, wenn mein Sohn sein Spielzeug gerade nicht benutzt, kann ruhig ein anderes Kind damit spielen. Warum auch nicht? Dafür ist Spielzeug da: um bespielt zu werden; nicht, damit es doof in der Ecke rumliegt.

Wenn mein Sohn das Spielzeug, das er gerade noch ignoriert hatte, nun doch haben wollte, bloß, weil ein anderes Kind jetzt hochkonzentriert damit spielte, ließ ich nicht zu, dass er es bekam. Ich erklärte, dass er die ganze Zeit nicht damit spielen wollte und es nur deshalb haben will, weil ein anderes Kind dafür Interesse zeigt.

Da gab es natürlich ordentlich Terror. Ich tröstete, aber ich fand meine Denkweise total logisch und ließ mich nicht überzeugen.

Warum ich meine Meinung änderte

Heute schäme ich mich ein wenig für mein Verhalten. Aber zu der Zeit fand ich es absolut verständlich, so zu handeln.

Ich war zwar nicht der Meinung, dass er Spielzeug, mit dem er gerade spielt, teilen muss, aber Spielzeug, das einfach nur herumliegt? Das kann doch von anderen ruhig bespielt werden. Also wie kam es dazu, dass ich dann DOCH meine Meinung dazu änderte?

Es war reiner Zufall. Ich fand einen Artikel zum Thema Teilen, der mir wirklich die Augen öffnete.

Frau spielt mit Kindern auf dem Boden und macht große Augen

In dem Artikel ging es darum, dass eine Mutter mit ihrem Sohn auf dem Spielplatz ist. Er spielt mit seinen neuen Transformers- und Minecraft-Figuren, als plötzlich 6 Jungs angerannt kommen und sie haben wollen. Der Junge ist überfordert, schaut seine Mutter fragend an und sie sagt: „Du kannst ihnen sagen, dass du das nicht möchtest. Sag einfach nein. Mehr musst du nicht sagen.“

Dieser Artikel löste in mir einen echten Schock aus, einen richtigen Aha-Schock! Obwohl so ein Außendruck herrschte (sowohl von den Kindern als auch deren Eltern), stand diese Mutter voll und ganz hinter ihrem Sohn. Es war ihr egal, wie die anderen über sie und ihren Sohn dachten. Sie sah, dass ihr Sohn sich sehr unwohl fühlte und beschützte ihn.

Auf einmal erkannte ich, dass ich genau so hätte reagieren müssen, als mein Sohn sein Spielzeug einforderte. Ich hätte für ihn da sein sollen, statt mich gegen ihn zu stellen.

Wenn es also wieder Streit beim Teilen gab, sah ich genauer hin. Warum will er nicht teilen? Gibt es sogar bestimmte Situationen, in denen er nicht teilen will?



Warum mein Sohn nicht teilen will

Und tatsächlich: Gerade auf dem Spielplatz fiel mir auf, dass mein Sohn in ganz bestimmten Situationen nicht teilen wollte.

1. Zu viel auf einmal

Er ist schlichtweg mit dem Drumherum überfordert. Da kommt beispielsweise mit einem Mal eine Horde Kinder auf uns zugerannt und will mitspielen.

Da kann man gar nicht Stück für Stück miteinander warm werden, sondern wird gleich ins kalte Wasser geworfen. Muss nicht nur ein Spielzeug im Auge behalten, sondern gleich 10, weil unserer Ansage, dass nur hier bei uns mit dem Spielzeug gespielt wird, nicht nachgegangen wird. Dann rennt der eine mit dem Spielzeug zur Rutsche ohne zu fragen, und während mein Sohn schon am Heulen ist, wird ein anderes Spielzeug von ihm auf den Hügel geschleppt.

Völlig klar, dass er dann dem nächsten Kind, das fragt, ob es mit diesem oder jenem spielen darf, mit einem gekreischten „NEIIIN!!“ antwortet.

Wenn dann noch Müdigkeit hinzukommt, brauch ich mich nicht wundern, wenn er nicht teilen will.

2. Ausgeliehenes Spielzeug verschwindet

Spielzeug, das sich ausgeborgt wurde, verschwindet auch einfach mal ganz schnell irgendwo, weil die Kinder es im Spielwahn liegen lassen, vergessen und uns nicht zurück geben.

Schonmal auf der Suche mit jenem Kind gewesen, um das Spielzeug wiederzufinden? Sie schicken einen überall hin, nur nicht da, wo sie es haben liegen lassen. Ich bin mit der Mutter schon in manche Gräben gehüpft, letztendlich lag das Spielzeug irgendwo mitten auf dem Gehweg.

3. Geborgtes Spielzeug wird nicht pfleglich behandelt

Ich weiß. Spielzeuge sind Gebrauchsgegenstände. Manche mehr, manche weniger aus hochwertigen Materialien. Billiges Plastik geht einfach schnell kaputt. Da kann ich wirklich nachvollziehen, wenn auch mal was zu Bruch geht.

Aber wenn Spielzeug aus Metall (!) nur noch in zwei Hälften zu uns zurück kommt, dann frage ich mich, was die Kinder damit anstellen. Zum Glück konnte das Lieblingsspielzeug meines Sohnes, ein gelber Abschleppwagen* aus Metall, wieder repariert werden.

demolierter Abschleppwagen aus Metall

Das waren alles so Situationen, die mir gezeigt haben: Da würde ich auch nicht (mehr) gern teilen.

Vielmehr erkannte ich, dass auch ICH nicht gern alles und mit jeder/m teile. Würde da jemand kommen und sich meinen Rucksack, den Kinderwagen oder gar mein Telefon schnappen, würde ich genau so reagieren wie mein Sohn. Ich wäre zunächst verwundert, dann verärgert. Und würde der Fremde spätestens dann meinen Krempel nicht herausgerückt haben, würde ich laut schreien und die Polizei rufen. Gar nicht so ein unterschiedliches Verhalten zu einem Kleinkind.

Trotzdem sind mein Sohn und ich nicht asozial oder egoistisch. Wir teilen. Nur nicht alles und mit jeder/m.

Momente, in denen mein Sohn teilt

Wenn ich teile, dann, weil ich das aus freien Stücken entschieden habe. Weil ich teilen WILL.

Genau so ist es bei meinem Sohn, wie ich letztens auf dem Spielplatz erkennen durfte.

Er saß da und spielte mit seinem Buddelzeug, bis sich ein etwa gleichaltriges Mädchen näherte. Sie unterhielten sich auf ihre Weise. Mit kurzen, knappen Worten. Aber anscheinend begriff jede/r, was die/der andere meinte.

Sie zeigte auf ein Buddelzeug und fragte ihn. Er gab es ihr. Manchmal wollte er es wiederhaben. Kein Problem. Sie gab es zurück. So funktionierte es einwandfrei, ohne dass ich mich einmischen musste. Sie lösten ihre Konflikte gemeinsam. Dieses Miteinander lief total harmonisch ab.

Kinder spielen zusammen im Buddelkasten

Diese Situation zeigte mir, dass es immer darauf ankommt. Manche Kinder mögen es vielleicht laut und bunt und aufregend. Mein Sohn ist aber einer von der ruhigeren Sorte, zumindest anfangs. Da tastet er sich allmählich an jemanden heran und wird warm mit ihr/ihm. Wenn er sich wohl fühlt, wird er auch lauter und aktiver. Aber das braucht seine Zeit.

Es ist also eher kontraproduktiv, wenn wir von einem Haufen Kinder umlagert werden, die allesamt mitspielen wollen. Zu viel auf einmal. Dann lieber nur ein Kind, auf das er sich konzentrieren kann.

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Wann ist ein Kind in der Lage, zu teilen?

Doch es gab auch Momente, da wollte er selbst in ruhigen Situationen nicht teilen. Woran liegt es, fragte ich mich, und recherchierte ein wenig im Internet.

Wenn ich beispielsweise etwas teile, dann, weil ich weiß, dass sich mein Gegenüber darüber freuen wird. Oder dass er diesen oder jenen Gegenstand dringend benötigt. Dafür muss ich mich in jemanden hineinversetzen können, eine Lage einschätzen können. Kann ein Kleinkind das überhaupt schon?

Sich in seinen Gegenüber hineinzuversetzen und sich vorzustellen, wie er sich fühlt, braucht Empathie. Wie fühlt sich jemand, dem ich etwas wegnehme? Was bedeuten Tränen, ein weit aufgerissener Mund, laute Schreie, eine in Falten gelegte Stirn und wild herumfuchtelnde Händchen? Wie fühlt sich mein Gegenüber, wenn ich ihm etwas schenke? Freut er sich dann genau so, wie ich mich über Geschenke freue? Was ist Freude und kann ich jemandem Freude bereiten? Wie?

„Ein wirkliches Gespür dafür, was in anderen vorgeht, entwickeln die meisten Kinder erst mit etwa 4 oder 5 Jahren.“, sagt Hartmut Kasten, Entwicklungspsychologe, Pädagoge und Familienforscher vom Staatsinstitut für Frühpädagogik in München. Selbst im Grundschulalter teilen längst nicht alle bereitwillig.

Kinder spielen im Winter auf dem Spielplatz

In den ersten Lebensjahren ist ein Kind erst einmal mit sich selbst, mit seinem eigenen Ich beschäftigt. Es muss sich erst einmal selbst kennen und verstehen lernen. Wer das im Spiegelbild ist. Was das eigene Ich überhaupt alles bewirken kann. Was sind das für Gefühle, die da in mir toben? Was ist das in mir? Was brodelt da? Warum fühle ich gerade so?

Dazu kommt noch, dass Kinder in dem Alter kein Zeitgefühl empfinden. Sie leben im Jetzt. Sie hören, dass wir sagen „Aber du bekommst es ja wieder. Jetzt gib doch dem Hans deine Schippe.“, verstehen es aber schlichtweg nicht. Die Schippe etc. gehört ihnen, gehört ZU ihnen, ist ein Teil von ihnen. Wenn ihnen die Schippe weggenommen wird, wird ihnen ein Teil von sich genommen. Und sie haben das Gefühl, diesen Teil von sich für immer zu verlieren.

Und wenn wir schon beim Thema Zeit sind: Hätte ein Kind in der Zeit der Jäger und Sammler überlebt, wenn es alles geteilt hätte? Essen ist knapp, der Hunger nagt an einem, man ist Ewigkeiten auf der Suche nach etwas Essbarem, findet endlich etwas… und gibt es dann dem anderen? In dieser Zeit war Egoismus überlebenswichtig. Vielleicht steckt dieser Überlebensinstinkt immer noch in uns.


Können wir Teilen beibringen?

Nun ist die Zeit der Jäger und Sammler aber vorbei – zumindest in unserer Gesellschaft. Wir haben Lebensmittel, Spielzeug und Kleidung uvm. in Hülle und Fülle. Da muss sich keiner egoistisch verhalten, aber unsere Kinder verhalten sich trotzdem so. Warum, das wissen wir jetzt. Aber wie bringen wir unseren Kindern das Teilen bei? Geht das überhaupt?

Ich bin der Meinung: Ja, unsere Kinder können Teilen lernen und wir können ihnen dabei helfen. Es gibt verschiedene Methoden, Kindern das Teilen näher zu bringen; einige sind besser, andere schlechter:

Teilen, um eine Gegenleistung zu erhalten

Manche halten ihr Kind dazu an, zu teilen, damit es etwas bekommt. Zum Beispiel Freunde. Denn wer teilt, ist beliebt. Mit der/dem spielt man gern. Oder das Kind soll sein Spielzeug teilen, damit es im Gegenzug auch mit dem Spielzeug der anderen spielen darf. Wir loben unsere Kinder, wenn sie teilen.

Im Gegenzug rügen wir ihr Verhalten, wenn sie jemandem etwas wegnehmen oder nicht teilen wollen. Wer nicht teilt, bekommt keine Freunde, sondern wird ausgeschlossen.

Kind schaukelt

Der Gedanke dahinter mag vielleicht sein: Ich will nicht, dass mein Kind ausgegrenzt wird. Es soll lernen, dass Teilen Spaß macht. Gemeinsam zu spielen ist schöner als allein mit all seinem Spielzeug zu spielen. Ich belohne mein Kind bei „gutem“ Verhalten und bestrafe es bei „schlechtem“ Verhalten.

Meiner Meinung nach lernt das Kind hierdurch nur, dass es teilen soll, damit es eine Gegenleistung erhält. Es teilt, um Freunde zu bekommen, unabhängig davon, ob es nun teilen wollte oder nicht. Es teilt, damit es das Spielzeug der anderen benutzen darf. Vielleicht will es sein liebstes Spielzeug nicht hergeben, will aber auch nicht ausgeschlossen werden, weshalb es unfreiwillig doch teilt. Möglicherweise lernt ein Kind durch Bestrafung auch nur, dass es teilt, damit es nicht bestraft wird.

Alfie Kohn schrieb bereits in seinem Buch „Liebe und Eigenständigkeit: Die Kunst bedingungsloser Elternschaft, jenseits von Belohnung und Bestrafung“* über den Nachteil vom Belohnungs- und Bestrafungssystem und stellte fest: Kinder teilen sogar WENIGER, sobald sie dafür gelobt wurden. Das Lob steht im Vordergrund. Sie teilen, um gelobt zu werden; nicht, um jemandem eine Freude zu bereiten.

Wichtiger fände ich daher die Botschaft: Ich teile, weil ich es WILL. Weil ich jemandem eine Freude machen möchte. Völlig unabhängig davon, ob ich mit ihrem/seinem Spielzeug spielen darf oder mir dadurch ihre/seine Freundschaft gewiss ist. Ich will mir keine Freundschaften erkaufen müssen.

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Teilen durch Vorbild

Das klingt immer so ausgelutscht, wenn ich mit dem Vorbild-Hammer komme, aber es ist einfach wahr: Kinder lernen durch Vorbild.

Wenn sie sehen, wie die Menschen in ihrer Welt Dinge miteinander teilen, sich gegenseitig helfen, ohne einen Nutzen daraus ziehen zu wollen, werden sie es sich abschauen und danach leben. Wenn wir selber unsere Sachen behalten und immer von „Meins“ und „Deins“ sprechen, wird ein Kind dann anders handeln?

So ergab es sich eines Tages in der Krabbelgruppe, dass meinem Sohn ständig das Spielzeug von einem älteren Jungen aus den Händen gerissen wurde. In nur kürzester Zeit lernte mein Sohn, mir „sein“ Spielzeug zu geben, damit ich darauf aufpassen soll, sobald sich der Junge näherte. Er hatte gelernt, dass ihm Sachen einfach weggenommen werden und er sie beschützen muss.

Teilen aus Empathie

Wie gesagt braucht es Jahre, damit sich ein Kind in ein anderes Individuum hineinversetzen kann. Trotzdem habe ich meinem Sohn immer erklärt, unabhängig davon, wie alt er war und ob er es tatsächlich verstehen würde, was das andere Kind womöglich fühlt.

Ein Beispiel: Wenn er einem Kind das Spielzeug weggenommen hat und dieses daraufhin verärgert oder traurig reagierte, habe ich meinem Sohn erklärt, dass dieses Kind wohl gerade verärgert bzw. traurig ist, weil es gerade mit XYZ gespielt hat und er es ihm weggenommen hat. Nun kann das Kind nicht mehr mit XYZ spielen und ist anscheinend traurig.

Wir haben dem Kind also das Spielzeug zurück gegeben, dann hat es sich wieder gefreut. Genau so habe ich es meinem Sohn dann auch kommuniziert. „Schau mal. Das Kind hat XYZ zurück bekommen und freut sich. Jetzt kann es weiterspielen.“

Kind füttert Mann

Tipps zum Thema Teilen

Wie schaffen wir es durch diese „Phase“ gemeinsam relativ entspannt hindurch, wenn es ums Teilen geht? Dafür gibt es jetzt ein paar Tipps:

1. Was braucht dein Kind?

Du kennst dein Kind am besten und weißt, in welchen Situationen es sich am Wohlsten fühlt.

Mein Sohn beispielsweise ist eher der ruhige Typ, der bei zu vielen Kindern schnell überfordert ist und nach Hause will. Daher vermeide ich große Spielplätze bzw. suche mir dort eher ruhige Stellen. Manchmal gehen wir auch erst abends hin, wenn er ausgeschlafen ist und nur noch ältere Kinder da sind, mit denen er besser zurecht kommt.

2. Weniger ist manchmal mehr

Sonst haben wir immer eine Riesentasche Spielzeug mitgenommen, weshalb wir immer vom halben Spielplatz belagert wurden. Jetzt nehmen wir nur noch das mit, womit unser Sohn am liebsten spielt. Dann noch einen Ball, etwas Buddelzeug und Seifenblasen und gut ist. Den Überblick über ausgewähltes Spielzeug zu behalten, ist einfacher und besser für den Rücken. Schließlich muss ich den ganzen Kram auch schleppen.

Aida von Elternmorphose hat auch eine einfache, aber geniale Idee gehabt: Sie nimmt einfach ihr eigenes Spielzeug mit auf den Spielplatz, das sie dann an Kinder verteilen kann.

3. Was tun, wenn mein Kind sein Spielzeug nicht teilen will?

Hier steht natürlich völlig außer Frage, dass mein Kind sein Spielzeug teilen muss. Aber Fragen kostet ja bekanntlich nichts. Ich frage daher trotzdem nach: „Oliver, ich glaube, das Kind interessiert sich für deinen Kipplaster. Darf es damit spielen?“

Kind spielt im Sandkasten

Wenn mein Sohn dann „Nein.“ sagt oder sonstwie zeigt, dass er das nicht will, wird das akzeptiert. Dann sage ich „Ok.“, überbringe die Botschaft und gut. Andere Kinder haben das bisher immer akzeptiert und sich Alternativen gesucht. Anders ist es, wenn es sich um MEIN Kind handelt:

4. Was tun, wenn ein Kind sein Spielzeug nicht mit meinem Sohn teilen will?

Ähnlich wie oben. Entweder fragt Oliver selber nach, ob er damit spielen will oder ich frage für ihn. Wenn das Kind „Ja.“ sagt und das Spielzeug abgibt: Cool!

Wenn es „Nein.“ heißt, sage ich auch hier „Ok.“, überbringe die Botschaft und tröste Oliver dann.

Das Trösten bringt dann meist recht wenig, weil er trotzdem mit dem Spielzeug spielen will. Dann suchen wir nach Alternativen. Wenn sich auch keine Alternative finden lässt, tröste ich weiter. Mehr kann ich da nicht machen. Ich akzeptiere die Meinung des anderen Kindes. Schließlich gehört uns dieses Spielzeug nicht.

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5. Was tun bei Streit um öffentliches Spielzeug?

Damit meine ich zum Beispiel die Schaukel auf dem Spielplatz. Gehört keinem der Kinder und trotzdem wollen sie alle gleichzeitig drauf. Was tun, wenn es Streit um öffentliches Spielzeug gibt, das „niemandem“ gehört?

Der Spruch ist hier ganz treffend: „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.“

Wenn wir auf den Spielplatz gehen und mein Kind schaukeln will, die Schaukeln aber schon alle besetzt sind, dann müssen wir warten. Völlig unabhängig davon, was das Kind auf der Schaukel macht. Ob es nun ganz einfach schaukelt, dort sitzt und seine Beine baumeln lässt, sich eindreht oder was auch immer. Ich zwinge kein Kind, das schon Ewigkeiten auf der Schaukel sitzt, herunter und sage: „So. Nun komm aber mal runter. Oliver will auch mal schaukeln. Du schaukelst ja gar nicht.“

Natürlich kann man das Kind fragen, ob es vielleicht woanders sitzen mag, Oliver würde gern schaukeln. Miteinander reden ist schon wichtig. Vielleicht geht das Kind ja runter. Vielleicht aber auch nicht. Das akzeptieren wir und spielen solange Ich-sehe-was-was-du-nicht-siehst oder buddeln im Sand oder machen was anderes, das uns die Zeit vertreibt.

Kind wippt und lacht

Genau so handhaben wir es aber auch anders herum: Wenn mein Sohn jetzt eine Weile wippen will und da schon eine Schlange steht, dann müssen die auch warten. Ich kann meinem Kind kommunizieren, dass da schon ein paar Kinder warten, weil sie auch wippen wollen und ob er jetzt genug gewippt hat und wir was anderes spielen wollen. Wenn Ja, cool. Wenn nicht, dann nicht.

6. Herrenloses Spielzeug

Manchmal liegt auf dem Spielplatz Spielzeug herum, bei dem man nicht so genau weiß, wem es gehört. Wenn mein Sohn damit spielen will, dann sage ich ihm:“Ok, aber es ist nicht dein Spielzeug. Wenn dann gleich ein Kind kommt und es haben will, weil es ihm gehört, dann musst du es zurückgeben.“

Kind spielt im Sandkasten mit fremdem Auto

Damit fuhren wir bisher ganz gut und keiner hat sich beschwert. Mal kommt ein Kind und sagt, es gehört ihm. Dann reden wir miteinander, sagen, dass wir das nicht wussten und fragen, ob wir damit spielen können. Wenn Ja, dann spielen wir weiter. Wenn Nein, dann geben wir es selbstverständlich ab.

7. Besuch

Da waren wir zum Kindergeburtstag eingeladen und Oliver wollte mit dem Spielzeug des Geburtstagskindes spielen. Und das Geburtstagskind fand es irre witzig, genau die Sachen wegzunehmen, mit denen Oliver gerade spielen wollte. Es sah, was Oliver gerade ins Visier genommen hatte und nun drauf los steuerte und Zack! war das Geburtstagskind schnell hingerannt und hatte es sich gemopst. Oliver war jünger und kleiner und hätte es nie geschafft, schneller am Spielzeug anzukommen.

Was das für ein Theater gab, kannst du dir bestimmt vorstellen. Die Eltern waren der Meinung, ihr Kind müsse nicht teilen, was ich auch voll ok fand, aber ich sah mich durch dieses Verhalten ziemlich hilflos.

Als dann mein Mann einschritt und sagte, das Kind würde das Spielzeug ja nur wollen, weil Oliver es haben wollte, das sei unfair, wurde das Kind dann zur Abgabe des Spielzeugs gezwungen. Ende vom Lied: Das Spielzeug lag nach kurzer Zeit in der Ecke, weil keins der Kinder mehr damit spielen wollte und das Geburtstagskind machte den Rest des Tages einen großen Bogen um uns und gab gar kein Spielzeug mehr ab, sondern ließ es von seinen Eltern bewachen.

Was ich draus gelernt habe: Zum Teilen gezwungen zu werden, ist absolut kontraproduktiv! Jetzt nehme ich immer eigenes Spielzeug mit oder sage Besuch mit Kindern, sie sollen Spielzeug mitbringen. Löst zwar nicht jeden Konflikt, weil ja immer das Spielzeug des anderen interessanter ist, aber wenigstens kann ich dann Alternativen anbieten.

8. Wann einschreiten?

Gerade, wenn die Kinder etwa im gleichen Alter sind, sehe ich, dass sie ihre Probleme auch ganz gut untereinander lösen können. Ohne, dass ich als Erwachsene dazwischen funken muss.

Wenn sich also ein Konflikt anbahnt, dann versuche ich nicht, ihn im Keim zu ersticken. Ich warte und sehe ab, was passiert. Schaffen es die Kinder, den Streit gemeinsam zu lösen? Finden sie einen Kompromiss? Oder geben sie mir zu verstehen, dass sie meine Hilfe brauchen? Dann helfe ich natürlich.

Wenn jüngere Kinder noch ihren Körper einsetzen, um zu kommunizieren, muss ich mein Kind natürlich davor schützen. Ansonsten genieße ich es, auch einfach mal zuschauen und mit den Sandförmchen buddeln zu können.

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9. Spielzeug wegschließen?

Auf einigen Seiten wird empfohlen, Spielzeug, um das sich ständig „geprügelt“ wird, einfach wegzuschließen. So nach dem Motto: Wenn sie sich nicht einigen können, spielt halt gar keiner damit.

Diese Situation hatte ich erleben müssen, als ich mit meinem Sohn in eine Krabbelgruppe ging. Da hatte der ältere Sohn einer Mutter auch das Bedürfnis, Oliver alles wegzunehmen, womit er gerade spielte. Als sich beide um ein Spielzeug stritten, kam die genervte Mutter, schnappte sich das Spielzeug und versteckte es.

Ich fand diese Lösung mehr als unangemessen. Es war schlichtweg unfair. In meinen Augen ging sie einfach dem Konflikt aus dem Weg. Dabei hätte es so viele Möglichkeiten gegeben: Alternativen zum Spielen anbieten, dem Kind kommunizieren, dass mein Sohn gerade mit dem Spielzeug spielt und es das nicht einfach wegnehmen darf. Dass mein Sohn sonst traurig ist. Dass er, wenn er mit etwas spielen möchte, fragen kann, ob er damit spielen kann. Oder zeigen kann, dass er damit spielen will: Hand aufhalten und fragen:“Darf ich damit spielen?“ Unter Umständen hätte sie dann ihr Kind trösten und begleiten müssen.

Wenn den streitenden Kindern das Spielzeug einfach weggenommen wird, kommt zu dem eigentlichen Konflikt gleich noch ein Grund zur Frustration hinzu: Das Spielzeug ist weg. Aus einem Grund, den die Kinder nicht verstehen (und ich übrigens auch nicht).

Fazit

Teilen ist ein kompliziertes Thema und es braucht Jahre, bis Kinder das gelernt haben. Sie brauchen dazu die Fähigkeit, sich in andere hineinversetzen zu können und uns als Vorbilder, die ihnen zeigen, dass man teilen kann, um z.B. anderen eine Freude zu bereiten. Trotz dessen müssen wir nicht alles und mit jeder/m teilen und es bedeutet auch nicht, dass wir asozial sind, wenn wir mal nicht teilen wollen.

In diesem Lernprozess können wir nur begleitend zur Seite stehen und müssen bei Bedarf, z.B. bei Gewalt einschreiten. Im Gegenzug sollten wir Lob und Bestrafung außen vor lassen, um nicht über unser Ziel, unseren Kindern das Teilen beizubringen, hinauszuschießen und gar das Gegenteil zu bewirken: Dass unsere Kinder weniger oder gar nicht mehr teilen oder sogar aus falschen Gründen teilen.

Ein schwieriges Thema. Wie gehst du mit dem Thema Teilen um?

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