Stillprobleme

Der kleine Mann wird gerade gestillt und ich denke an die Zeit zurück, in der ich mich vor jedem Anlegen fürchtete.

Heute erzähle ich dir, was unser Stillproblem löste.

Stillprobleme

Ich erinnere mich ungern an die Wochenbettzeit zurück. Denn genau da hatten der kleine Mann und ich schlimme Stillprobleme.

Nachdem die Geburt schon katastrophal im Krankenhaus mit Vollnarkose und Notkaiserschnitt endete, wollte ich wenigstens das Stillen hinbekommen. Unbedingt!

Mein Mann und ich hatten beschlossen, für eine Woche ein Familienzimmer im Krankenhaus zu nehmen. Wir würden in Ruhe ankommen können. Bei Fragen wären die Hebammen per Knopfdruck abrufbereit. Und ich war sowieso derart körperlich im Eimer, dass ich es vorzog, dass man sich im Krankenhaus noch um mich kümmert.

„Er saugt falsch.“

Im Krankenhaus sagten sie mir, ich müsse innerhalb der nächsten 6 Stunden stillen, sonst würde das mit dem Stillen nicht klappen. Ich war total unter Druck. Der kleine Mann schlief in meinen Armen und schlief und schlief und schlief.

Als mein Baby wach war, zeigte mir die Hebamme, wie ich mein Baby beim Stillen anlegen soll. Wenn ich mit beiden Brüsten stillen will, soll ich ihn auch an beiden Seiten trinken lassen. Wenn mein Baby länger Pause beim Trinken macht, soll ich es an der Wange streicheln, damit es weiter trinkt. Das waren so die Tipps, die ich bekam.

Nun bestand unser erstes Problem darin, dass ich so geschwächt war, dass ich mein Baby nicht halten konnte. Mein Mann musste immer aus seinem Bett aufstehen, wenn der kleine Mann die Brust losgelassen hatte und wieder ran wollte, und unser Baby richtig positionieren. Es war sehr anstrengend. Aber wir schafften das, und der Kleine trank.

Stillprobleme - Mutter Vater Baby

Als mich meine Hebamme aus dem Geburtshaus (wo wir eigentlich entbinden wollten) besuchte, stellte sie fest, dass der kleine Mann falsch saugte. Er stieß ständig die Zunge nach vorne, wenn er trank. Sie versuchte, dem Baby zu zeigen, wie es trinken muss und schob ihren Zeigefinger in seinen Mund. Klappte nicht. Wir hatten aber (noch) keinerlei Probleme beim Stillen. Also beließen wir es dabei.

Als es hieß, ab nach Hause, bekam ich noch Kompressen* mit. Das Stillen fing nämlich langsam an weh zu tun. Diese Kompressen sollten die Brust kühlen und so Linderung verschaffen. Sie waren auch ganz angenehm, die entzündeten Stellen gingen ebenfalls weg. Aber dafür kamen dann neue Wunden.



Zu Hause geht’s weiter

Zu Hause angekommen. Erst einmal tief Luft holen. Zu Hause ist es immer am schönsten, sagt man.

Unser Zuhause sah, nett gesagt, ziemlich scheiße aus. Wir waren noch dabei umzuräumen, Regale anzubohren, überall lagen meine Bücher rum. Es war katastrophal. Ich saß im Wasserbett und stillte den kleinen Mann im Arm und sah tagtäglich das Chaos. Mein Mann musste wieder arbeiten. Keine Zeit. Und ich durfte nicht das Bett verlassen. Ich habe diese Zeit gehasst. Ich konnte mich nicht wirklich entspannen und mich auf mein Baby konzentrieren. Ich sah nur überall diesen Haufen ungetaner Arbeit.

Als dann noch das Clusterfeeding, dieses stundenlange Dauerstillen, dazukam, waren meine Brustwarzen vollends Katastrophengebiet. Sie taten höllisch weh! Gerade beim ersten Anlegen, dem ersten Saugen an der Brust, krallte ich meine Zehen zusammen. Ich biss mir auf die Lippen. Wollte mein Baby ja nicht erschrecken und lauthals aufschreien.

Stillprobleme - Mutter Affe stillt Affenbaby

Beschwerden lindern

Ich klagte meinem Mann mein Leid. Aber er hatte ja noch weniger Ahnung vom Stillen als ich.

Meine Hebamme, die mich mehrmals besuchen kam, riet mir, ein Stillkissen zu nehmen. Damit kam ich absolut nicht klar. Ich empfand es mehr als Störung. Weniger als Unterstützung.

Dann überprüfte meine Hebamme, ob mein Baby richtig trank. Ob ich es richtig angelegt hatte. Alles richtig. Wir probierten andere Stillpositionen aus, um die Brustwarzen zu entlasten. Es half nichts.

Inzwischen waren meine Brustwarzen blutig. Überall wund. Taten weh. Es machte keinen Spaß.

Ich sagte mir immer, Stillen ist das beste für mein Baby. Ich wollte durchhalten. Deshalb ertrug ich es einfach. Hoffte auf Besserung. Das war total idiotisch.

Stillprobleme - Frau strengt sich an

Ich nahm die paar Tipps, die mir meine Hebamme gab, dankbar an. Ließ meine Brüste so oft es ging an der Luft. Machte Muttermilch drauf und ließ sie an der Luft trocknen. Hielt sie in die Sonne (*lach*). All das machte ich, aber es brachte wie gesagt nichts. War eine Stelle verheilt, entdeckte ich bald darauf eine neue Stelle mit Wundsekret. Es war zum Verzweifeln.

Manchmal hatte ich solche Angst davor, mein Baby anzulegen! Ich zögerte das Stillen hinaus. Ließ ihn an der Brust trinken, die weniger weh tat. Dadurch füllte sich die andere Brust aber weiter mit Milch, wurde jedoch nicht abgetrunken. Ausstreichen klappte nicht. Da kamen nur unter Schmerzen ein paar Tröpfchen raus, das war’s.

Und dadurch machte ich es natürlich noch schlimmer. Mein Baby an der prallen Brust trinken zu lassen, war nicht so einfach. Es hatte Schwierigkeiten, die Brustwarze zu fassen, um überhaupt erstmal andocken zu können. Irgendwie schaffte es der kleine Mann aber. Ich kann mich eigentlich glücklich schätzen, nicht noch mit einer Mastitis konfrontiert worden zu sein (die kam erst später).

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DIE Lösung

Und irgendwann wusste meine Hebamme keinen weiteren Rat mehr als einen einzigen. Sie nannte mir einen Namen. Schrieb mir eine Adresse auf. Eine Osteopathin soll uns nun helfen. Allerdings privat. Die Krankenkasse würde, wenn überhaupt, nur einen Teil der Kosten erstatten. War mir egal. Ich brauchte Hilfe. Sonst würde ich das Stillen, bei allen Vorteilen, die es mit sich bringt, bald sein lassen müssen.

Wir fuhren also zur Osteopathin. Als wir dran kamen, betraten wir einen ruhigen, angenehmen Raum mit kleinem Springbrunnen. Eine sympathische Frau begrüßte uns. Wir schilderten ihr unser Leid.

Sie nahm den kleinen Mann behutsam zu sich, legte ihn auf den Untersuchungstisch und tastete ihn vorsichtig ab. Hier und da fing sie an, sachte an ihm herum zu ruckeln.

Stillprobleme - Mutter Vater Baby

Er habe Blockaden, sagte sie. Dann tastete sie mit den Fingern seinen Gaumen ab. Blockaden. Sie ruckelte etwas stärker an seinem Gaumen. Der kleine Mann fing schlagartig an zu weinen.


Das war’s?

Dann war die Behandlung vorbei. Mehr nicht. Ein bisschen tasten. Ein wenig ruckeln und ein bisschen zuppeln. Die Osteopathin sagte uns noch, dass diese Behandlung für die Kleinen enorm anstrengend sei. Wir sollen uns nicht wundern, wenn unser Baby jetzt müde und schlapp werde.

Und tatsächlich. Wir waren auf dem Heimweg. Der kleine Mann wollte gestillt werden, also hielten wir auf einem Parkplatz. Der Papa ging in der Zeit einkaufen (das Stillen dauerte immer ewig bei uns).

Und als ich mein Baby so in den Armen hielt, fühlte es sich – wie soll ich es beschreiben – total wabbelig an. Ganz schlapp. Als wären sämtliche Muskeln in ihm erschlafft. Er war müde. Gar nicht aufgeweckt wie sonst. Ich wünschte mir mein quietschlebendiges Baby zurück. Aber da schlief es schon ein.

Und ich weiß gar nicht, wie lange es insgesamt dauerte, bis mir plötzlich auffiel, dass das Stillen gar nicht mehr weh tat. Dass die Wunden verheilt und auch keine neuen mehr auftraten. Dass ich mich beim Stillen auch mal entspannen konnte, statt die Zähne zusammenzubeißen.

Stillprobleme - Frau schaut auf die Berge

Vielleicht kannst du dir ja vorstellen, WIE glücklich ich war. Und nachdem es dann endlich mit dem Stillen geklappt hatte, wollte ich es nicht gleich wieder beenden. Eigentlich wäre (geht man von unserer Gesellschaft aus) SCHON LÄNGST der Moment des Abstillens gekommen. Doch ich sah, dass es uns beiden gut tat. Und so stillen wir noch heute.

Wenn du auch mit Stillproblemen zu tun hat, kannst du ja mal bei unserer Osteopathin in Berlin-Karlshorst vorbeischauen. Ich kann sie dir nur wärmstens empfehlen. Ob dir deine Krankenkasse die Kosten (teilweise) erstattet, findet die Osteopathin übrigens in ihrer Praxis heraus (zumindest war das bei uns so).

Alles Gute eurer kleinen Familie und eine angenehme Stillzeit.

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4 Gedanken zu „Stillprobleme“

  1. Vieles, was du schreibst, kommt mir bekannt vor! Jedes Anlegen war der pure Horror und dann trank die Kleine auch noch mindestens eine Stunde. Gefühlt wurde non-Stopp gestillt, meine Brustwarzen waren blutig und jede Berührung, auch nur ein lockeres T-Shirt brachten mich zum heulen. Zusätzlich entwickelte ich irgendwann noch einen Vasospasmus, also einen Krampf in der Brust, der nach dem Stillen einsetzte und besonders bei Kälte extrem war … ich sehnte das Ende der ersten 4 Monate herbei, nach denen ich endlich mit gutem Gewissen abstillen konnte. Und nun, knapp 11 Monate später, stille ich immer noch abends und morgens – und ich möchte es nicht missen!

    Was mir geholfen hat:
    – „Donuts“ aus Stilleinlagen, um den Kontakt mit den Brustwarzen so gering wie möglich zu halten (sieht allerdings ziemlich merkwürdig aus, für zu Hause aber perfekt)
    – hochdosiertes Magnesium gegen den Vasospasmus
    – 1 oder 2 pro Tag ein Fläschchen anstatt der Brust zu geben, um etwas Entspannung in die ganze Sache zu geben

    Alles andere, was ich auf Raten der Hebammen, Stillberaterin, Freundinnen und Bekannten ausprobiert habe, hatten leider keinen wirklichen Effekt, gaben mir aber das Gefühl, wenigstens etwas zu tun:
    – Bad der Brustwarzen im Sitzbad von Stadelmann
    – frische Luft und Sonne dran lassen
    – Kompressen vom Mam
    – Kalte und warme Waschlappen
    – Muttermilch
    – Rotlichtlampe

    Schlimmer gemacht haben es die (zu kleinen!) Stillhütchen, die ich unaufgefordert im Krankenhaus aufgedrückt bekommen habe. Das Stillen klappte eigentlich auch ohne und die Entzündung konnte nicht abheilen, da es immer wieder neue Reibung gab.

    Ich wünsche jeder Mutter, die gerne stillen möchte, genug Durchhaltevermögen, damit sie nach diesen möglichen anfänglichen Qualen die wunderbare Sache einer funktionierenden Stillbeziehung erleben darf!

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    • Liebe Jana,
      du hast einen langen Leidensweg hinter dir und es tut mir allein vom Lesen (wieder) weh, was du alles durchmachen musstest.
      Ich finde es stark, dass du trotz der Schmerzen so lange durchgehalten und dann eine für dich passende Lösung gefunden hast.
      Danke auch für die weiteren Tipps, die von deinem Umfeld kamen. Dir haben sie leider nicht geholfen, vielleicht werden sie aber einer Mama helfen, die deinen Kommentar liest.
      Alles Gute euch!
      Julia

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  2. Hut ab!
    Ich hatte die Brust genauso wund. Beim jeden anlegen habe ich die Zehen uns Sofa gekrallt und mir liefen die Tränen runter. Ich hatte schon Panik bei dem Gedanken das der kleine Mann gleich wieder Hunger bekommt. Ich entwickelte einen Ekel davor. Einerseits genoss ich die Nähe mit den Zwerg und andererseits hatte ich eben den Ekel weil ich wusste was auf mich zu kam. Ich wurde auch bereist am zweiten Tag mit blutigen und eitrigen Brustwarzen entlassen. Erst als wir 3 Tage daheim waren kam meine Hebamme und hat mir Mam Kompressen und stillhütchen gegeben. Genau in der Nacht habe ich dann 40 Fieber bekommen und und meine Hebamme hat mich ins khrs geschickt da meine Brust ganz hart und rot war. Musste da bleiben, abwechselnd wärmen und kühlen und habe Antibiotika bekommen. Als dann die Hebamme vor Ort sagte das sie mir zeigt wie ich ihn besser anlege habe ich nur noch geheult und mich dazu entschlossen nach nur 8 Tagen das stillen aufzugeben. Ich war richtig erleichtert bei dem Gedanken ihn nicht mehr anlegen zu müssen.
    Darum ziehe ich meinen Hut vor dir, dass du so lange ausgehalten hast.

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    • Liebe Marina,
      es tut mir vom Herzen weh, was du für Schmerzen erlitten hast. An das Zehen zusammenkrallen kann ich mich noch sehr gut erinnern. Ich weiß, was du meinst.
      Und weißt du was? Ich kann durchaus nachvollziehen, dass du dann nicht mehr gestillt hast. Hätte ich damals keine Lösung für mein Stillproblem gefunden, ich hätte es wohl genau so gemacht wie du.
      Ich wünsche euch alles Gute.
      Julia

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